Anzeige
Anzeige

Einkaufen mit gutem Gewissen: „Greenwashing“: Der grüne Ablaßhandel

Einkaufen mit gutem Gewissen: „Greenwashing“: Der grüne Ablaßhandel

Einkaufen mit gutem Gewissen: „Greenwashing“: Der grüne Ablaßhandel

T-Shirt-Produktion in Bangladesch: Wenn ein Cent an gute Zwecke geht, freut sich das Gewissen des Käufers Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Suvra Kanti Das
T-Shirt-Produktion in Bangladesch: Wenn ein Cent an gute Zwecke geht, freut sich das Gewissen des Käufers Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Suvra Kanti Das
T-Shirt-Produktion in Bangladesch: Wenn ein Cent an gute Zwecke geht, freut sich das Gewissen des Käufers Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Suvra Kanti Das
Einkaufen mit gutem Gewissen
 

„Greenwashing“: Der grüne Ablaßhandel

Unternehmen und Werbebranche verpassen sich einen neuen Anstrich. Alles auf Grün, lautet das Motto: Hauptsache, der Kunde glaubt, er rette die Umwelt. Da sind Geschmack oder Funktionalität von Produkten plötzlich Nebensache, wenn nur die CO2-Bilanz stimmt. Klar, daß auch die Grünen da mitreden. Ein Kommentar.
Anzeige

Man ist von der Politik falsche Versprechen gewohnt. Würde man die Politiker bei ihren Wahlversprechen beim Wort nehmen, müßten viele eingestehen, daß sie glatt gelogen haben. Konsequenzen müssen die Verantwortlichen aber selten fürchten, der Wähler ist sehr vergeßlich. Auch in der Werbung kennt man falsche Versprechen. Die Branche ist bekannt für ihr Feuerwerk der Superlative.

Seit einiger Zeit hat sich ein Trend durchgesetzt, der weniger die Leistung, den Geschmack oder die Funktionalität des Produkts bewirbt, sondern den Werbe-Scheinwerfer auf die Nachhaltigkeit wirft. Ob der Kaffee besonders aromatisch schmeckt, ist oft nicht mehr die wichtigste Botschaft eines Werbespots. Heute zählen neue Qualitätsmerkmale wie „fair trade“, „aus biologischem Anbau“ oder das Versprechen, mit einem Teil des Verkaufspreises den Regenwald aufzuforsten.

Beim Fliegen geht es weniger um Komfort, sondern um CO2-Neutralität. Wenn wir ein T-Shirt für zwei Euro aus Bangladesch kaufen, schlafen wir besser, wenn uns versprochen wird, daß ein Cent in den Aufbau eines Waisenhauses fließt. So macht Ausbeutung wieder Spaß.

Lechzen nach grüner Absolution

Wenn wir schon Spuren hinterlassen, müssen wir sie gleich wieder verwischen. Es darf kein CO2-Fußabdruck bestehenbleiben. CO2 ist Sünde. Nachhaltigkeit ist das Gebot in allen Bereichen. Wir lechzen nach der grünen Absolution und lassen uns willfährig auf jeden Ablaßhandel ein. Hauptsache, das Gewissen hält den Mund.

Die Unternehmen wissen um unsere Gier nach moralischer Unschuld und locken auch oft mit einem falschen Grünanstrich. Mit dem sogenannten Greenwashing wird etwas umweltfreundlich gemacht, was es eigentlich nicht ist. Diese Methode ist der Persilschein der „Fridays for Future“-Generation.

Krombacher kennt sich aus mit „Greenwashing“

Der Discountermarkt Aldi verlangt seit Juni 2019 einen symbolischen Eurocent für die kleinen Gemüsesäckchen. Damit soll der Kunde ein Bewußtsein für Nachhaltigkeit bekommen und sein Verhalten überdenken. Mit dieser Aktion hat Aldi mächtig die Werbetrommel für sich gerührt und ganz nebenbei vermutlich viel Geld gemacht, denn kaum jemand verzichtet wegen 0,01 Euro auf seinen Knotenbeutel.

Ein echter Profi in Sachen „Greenwashing“ ist der Bierbrauer Krombacher. Mit seinem Versprechen, pro verkauftem Kasten einen Quadratmeter Regenwald zu sichern, kurbelte Krombacher seine Verkaufszahlen kräftig nach oben. Das „Krombacher Regenwald-Projekt“ konnte zwischen 2002 und 2014 insgesamt vier Millionen Euro aufbringen.

Das Geld wurde an den WWF gespendet. Doch mit dem Geld wurde nicht – wie offensiv beworben – eins zu eins der Regenwald aufgeforstet. Mit dem Geld wurden die Ranger im afrikanischen Regenwald-Reservat „Dzanga Sangha“ neu ausgerüstet. Es wurden unter anderem Geländewägen gekauft, ein Boot mit Außenmotor, Funkgeräte und Computer. Wie viel Quadratmeter Regenwald konkret mit den Scannern und Druckern gerettet worden sind, weiß ich leider nicht.

Dann sollen sie doch Kuchen essen!

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) fordert nun höhere Preise für Lebensmittel und Agrarprodukte. Damit wolle er die Umwelt und die Bauern besser schützen. Ein edles Anliegen; wenn das Geld dann tatsächlich bei den Bauern ankommen würde und es nicht wieder die Familien und Menschen mit niedrigem Einkommen treffen würde. Auf den Vorstoß des Grünen-Ministers haben bereits die Sozialverbände reagiert. Sie mahnen, daß schon jetzt viele Menschen auf die Lebensmittelversorgung durch die „Tafeln“ angewiesen sind. Eine weitere Teuerung würde noch mehr Menschen in Not treiben.

Sogar die grün-linke Tageszeitung taz veröffentlichte einen Artikel mit dem kritischen Titel „Versnobte Oberschichtpartei“ als Antwort auf die Pläne des Ernährungsministers. Bei Cem Özdemir gilt wohl das Motto, das der französischen Königin Marie Antoinette in den Mund gelegt wurde: „Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen.“

Die Grünen haben sich zum moralischen Zeigefinger der Gesellschaft erhoben. Tun sich aber mit ihren eigenen Forderungen selbst schwer. Eine Auswertung von Abgeordnetenreisen hat ergeben, daß die Grünen die Partei der Vielflieger ist. Verzicht und Demut sind eben schwere Lektionen.

T-Shirt-Produktion in Bangladesch: Wenn ein Cent an gute Zwecke geht, freut sich das Gewissen des Käufers Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Suvra Kanti Das
Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag

ähnliche Themen