Als einen öffentlich-rechtlichen „Schatz“ bezeichnete unter anderem der „Tagesschau“-Journalist Gábor Halász das, was ARD und ZDF nun mit ihrem gemeinsamen Streaming-Netzwerk aus der Taufe gehoben haben. Sein Arbeitgeber formulierte es zunächst etwas nüchterner. „ARD und ZDF verknüpfen Mediatheken“, hieß es auf tagesschau.de über die „Streaming-Offensive“ der beiden gebührenfinanzierten Rundfunkanstalten.
Das klingt nach Kosten-Effizienz. So sollen lästige Fragen danach verstummen, wer das ach so wertvolle Schmuckkästchen auf dem Online-Unterhaltungsmarkt denn eigentlich bezahlt, das künftig privaten Konkurrenten wie Netflix oder Amazon Prime Paroli bieten soll. Die Antwort wäre sowieso wie immer, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein neues Prestigeprojekt an den Start bringt. Natürlich wird auch die gemeinsame Mediathek von den Zahlern der Zwangsgebühren finanziert. Die dürfen sich von den Nutznießern des Systems für etwaige Kritik in Zukunft aber wohl zumindest noch zentraler verspotten lassen.
Auch sonst ändert sich im Grunde gar nicht so viel. Die „gemeinsame Plattform“ ist in erster Linie eine Zusammenlegung der Inhalte von ARD und ZDF im Hintergrund. Diese werden dann in Zukunft in beiden Mediatheken abrufbar sein. Es gilt also auch weiterhin das alte Motto der zwangsfinanzierten Rundfunkmacher: Warum nur eine Plattform haben, wenn man auch mindestens zwei haben kann?
Der Nutzer soll einen „ganzen Kosmos“ bekommen
„Zuschauer behalten ihre gewohnten Apps“, beruhigt der Internet-Artikel der „Tagesschau“ all jene, die sich schon Sorgen gemacht haben, sie müßten das gemeinsame Angebot der beiden aufgeblähten Rundfunkanstalten bald ganz praktisch nur noch mit einer einzigen Media-Anwendung abrufen.
Auch Benjamin Fischer vom SWR, der die ARD-Online-Redaktion leitet, spricht von einem „Schatz“, wenn er sagt: „Unser Ziel ist wirklich alles verfügbar zu machen, das heißt, der volle Schatz an Inhalten, der ganze Kosmos soll erschlossen werden.“ Dies wäre natürlich auch auf einem der zahlreichen YouTube-Kanäle möglich, die den öffentlich-rechtlichen Programmanbietern ohne großes Zutun zur Verfügung stehen und auf denen sie heute schon viele ihrer Inhalte parallel hochladen. Aber das würde vermutlich ein zu großes Loch in die Kostenrechtfertigung der Sender reißen, und ihnen bei der nächsten Forderung nach einer Gebührenerhöhung zum Verhängnis werden.
Zudem will Fischer sicherlich seinen Job behalten. Genau wie Eckart Gaddum, der das „gemeinsame Netzwerk“ von der ZDF-Seite aus leitet.
ARD und ZDF verfolgen ambitionierte Ziele
Eine Registrierung ist für Zuschauer auf den Plattformen übrigens nicht zwingend notwendig. Allerdings sollen sich Nutzer mit einem angemeldeten Konto persönliche Listen anlegen können – mit Inhalten beider Senderfamilien. Insbesondere „mit diesen Funktionen und ihrem Streaming-Netzwerk“, so lassen die Betreiber ihre potentiellen Kunden wissen, wollen sich die öffentlich-rechtlichen Sender besser im Wettbewerb mit Netflix & Co. aufstellen. Ein ambitioniertes Vorhaben.
Wie angenehm für die staatlich geförderte Wettbewerbsverzerrer, daß sie für dieses Projekt Millionen von Gebührenzahlern mit rund acht Milliarden Euro (Werbeeinnahmen noch nicht eingerechnet) zwangsweise mit in die Verantwortung nehmen können.