Nachdem Frank Plasberg bereits in den vergangenen zwei Wochen über Corona hatte debattieren lassen, entschied er sich auch für die „Hart aber fair“-Sendung an diesem Montagabend für das Thema. Anstatt sich zur neuen Ampelregierung und deren Umbauplänen für Deutschland auszutauschen, also wieder alte Kamellen. Denn schließlich sei es das Virus, das Deutschland regiere, so der Moderator gleich zu Beginn.
Für eine diverse Themenauswahl ist da genauso wenig Platz wie für ein streitbares Aufgebot an Gästen. Ob es vielleicht besser wäre, nicht zu viel zu diskutieren, wird Plasberg später an die FDP gerichtet fragen – eine seltsame Aussage für den Moderator einer Talkshow, die aber womöglich seine Gästeliste erklärt.
Auf der finden sich in dieser Woche Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, die designierte FDP-Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, CDU-Vorsitzenden-Kandidat Norbert Röttgen und „Zeit“-Journalist Bernd Ullrich, ergänzt durch den Frankfurter Virologen Martin Stürmer. Meinungsverschiedenheiten sind da allenfalls in der Intensität der Forderung nach härteren Maßnahmen zu erkennen.
„Der Druck hilft halt und das ist großartig“
Vor allem Göring-Eckardt ist die Lust am Autoritären von den Lippen abzulesen. „Der Druck hilft halt und das ist großartig“, kommentiert sie ihre Beobachtung, daß sich nun angesichts verstärkter 2G-Regeln auch einige bislang nicht gegen Corona Geimpfte den Stich holten. Der Einwurf, welches Menschenbild eigentlich hinter einer solchen Aussage steht, bleibt natürlich aus.
FDP-Frau Stark-Watzinger hätte ihn womöglich gerne geleistet, darf aber aufgrund der Ampel-Verpflichtungen nicht. Nur vorsichtig hält sie fest, es müsse ja nicht immer eine Bestrafung sein und sowieso müßten Grundrechtseinschränkung auch „begründet werden“. Plasberg bügelt das weg und attestiert der FDP indirekt Lernunfähigkeit: Wann hört sie endlich ganz auf, über die blöden Grundrechte zu sprechen?
FDP ist Gegner des Abends
Den Hardliner gibt auch Röttgen, der angesichts seiner Kandidatur für den CDU-Vorsitz spürbar um einen geschliffenen Auftritt bemüht ist. Der FDP wirft er vor, „die ganze Zeit Pandemie-Politik-Gegnerin“ gewesen zu sein, so als sei Opposition hierzulande inzwischen fast schon ein Verbrechen. Ähnlich klingt auch „Zeit“-Journalist Ulrich, der den Liberalen ankreidet, sich „nicht voll“ hinter die allgemeine Impfpflicht („eine sehr normale Geschichte“, so Göring-Eckardt) zu stellen.
Dabei bekräftigt Stark-Watzinger an diesem Abend doch den Vorstoß ihres Parteikollegen Marco Buschmann, den Bundestag ohne Fraktionszwang über die Zwangsimpfung abstimmen zu lassen. Die Impfpflicht dürfte also beschlossene Sache sein. Daß die FDP damit einen weiteren Kerninhalt aufgibt, ist das eine. Daß sie nicht merkt, daß sie sich auf diese Weise trotzdem nicht aus der Schußlinie nehmen kann, wie an diesem Abend wieder zu sehen ist, das andere.
Stark-Watzinger macht übrigens deutlich, daß sie sich persönlich in Sachen Impfpflicht noch nicht entschieden hat: „Die Menschen bekommen immer Versprechen: `mit dieser Maßnahme wird die Krise bewältigt‘, und dann ist es nicht passiert“. Eine Kritik am herrschenden Großnarrativ ist damit zumindest angedeutet. Ausgeführt wird sie bedauerlicherweise nicht.
Widerspruch als Sakrileg
Bevor Plasberg seine Gäste die Impfpflicht fordern läßt, hatte er in der Sendung noch einen anderen Höhepunkt untergebracht: Die SPD hat noch keinen Gesundheitsminister benannt, dabei gebe es doch „für viele Menschen einen Mann, wo klar ist: der muß das werden“. Nachdem Medienberichten der letzten Tage andeuteten, daß die Sozialdemokraten eher nicht auf Karl Lauterbach setzen, will der Moderator nichts unversucht lassen, die Partei doch noch umzustimmen.
Die Gäste machen die platte Choreographie wunderbar mit. Für „extrem kompetent“ hält Göring-Eckardt Lauterbach, für einen „sehr guten Mann“ Stark-Watzinger, und Röttgen verliert sich gleich in einem Jubelgesang über „Kompetenz, Glaubwürdigkeit, Vertrauen“ des SPD-Manns. War auch sonst der Widerspruch an diesem Abend unerwünscht, so wäre er an dieser Stelle wohl ein Sakrileg gewesen.