Die Fastenzeit hat begonnen. Viele Christen üben sich deshalb nun einmal mehr 40 Tage lang im Verzicht, zum Beispiel auf Alkohol, Fleisch, Süßkram oder auch, wie seit einigen Jahren immer beliebter, auf die Nutzung der sozialen Netzwerke.
Eine Initiative aus Bayern ruft derweil, ganz im modernen Internet-Jargon, zur „CO2-Fasten Challenge 2020“ auf. Das Fasten soll hier vordergründig entstaubt und vom religiösen Brauch zum zeitgeistigen säkularen Tugendwettbewerb umformatiert werden. So heißt es auf der Homepage des Bayerischen Rundfunks zu der Aktion: „Die Fastenzeit beginnt am Aschermittwoch und geht bis Ostern. Längst fasten nicht nur gläubige Menschen, auch Umweltaktivisten werden in der Fastenzeit aktiv.“
Eine Religion mit festen Geboten
Nicht nur in der Formulierung wirkt der vermeintliche Widerspruch zwischen Gläubigen und „Aktivisten“ irgendwie konstruiert. Kann man sich als Beobachter doch schon seit längerem nicht mehr des Eindrucks erwehren, daß der Klimaschutz mehr und mehr zu einer Art postmodernen Ersatzreligion gemacht werden soll.
Dies gelingt ihren Verkündigern bisweilen, wie jeder sehen kann, auch ziemlich gut. Auch, weil sie sie eben nicht als eine, doch stets mit allerlei menschlichen Zweifeln verbundene, Glaubenslehre verkünden, sondern als echte, unwiderlegbare Naturwissenschaft, an deren Richtigkeit und allumfassender Wahrheit nur absolute Volltrottel zweifeln könnten.
Was die Klimakonfession so anschlußfähig macht, ist auch, daß sie ihre Jünger nicht mit theologischen Debatten oder spirituellem Tiefgang überfordert, ihrer Schafherde sonst aber alles bietet, was eine Religion ausmacht. Feste Gebote, die niemals hinterfragt oder gar als untauglich ad acta gelegt werden dürfen. Die Anbetung oft jungfräulich wirkender Heiligenfiguren, nach deren Vorbild man unbedingt leben möchte, es aber niemals schafft, weshalb man ständig Ausschau nach noch schlimmeren Sündern hält, die einen selbst, trotz aller eigenen Unzulänglichkeiten, wie einen Heiligen im Sinne der vorgegebenen Moral erscheinen lassen.
Es geht ums Bessersein
Die Möglichkeit, sich durch finanzielle Ablaßleistungen, gemeinschaftliche Rituale oder Symbole, wie zum Beispiel ein Kreuz an der richtigen Stelle am Wahlsonntag, von den eigenen Sünden und Verfehlungen freizukaufen, um trotz aller monströs vor sich hergetragenen Religiosität das eigene Leben nicht allzu sehr umkrempeln zu müssen. Das alles gepaart mit einem geifernden, nach innen zusammenschweißenden Haß gegenüber allen Andersgläubigen und Kritikern.
Wichtiger als die eigene Selbstverbesserung ist auch bei der „CO2-Fasten Challenge“ das Bessersein. Besser als der Nachbar, der noch immer bis tief in die Nacht den Fernseher und das Licht anläßt, einen SUV in der Einfahrt stehen hat und im Winter immer noch mit Gas oder Fernwärme heizt. Besser als der Arbeitskollege, der in der Kantine weiter fast jeden Tag Fleisch ißt, als hätte man ihn nicht schon zigfach darauf hingewiesen, wie ungesund das für ihn selbst und das Weltklima ist. Auch besser als die eigene Oma, die alte Umweltsau.