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Corona-Maßnahmen: Auf diese Fragen bleibt die Regierung Antworten schuldig

Corona-Maßnahmen: Auf diese Fragen bleibt die Regierung Antworten schuldig

Corona-Maßnahmen: Auf diese Fragen bleibt die Regierung Antworten schuldig

Kritik an Corona-Maßnahmen
Kritik an Corona-Maßnahmen
Demonstrant auf Corona-Demo: Man kann die Corona-Maßnahmen scharf kritisieren, ohne sich mit Verschwörungspraktikern aller Art gemein zu machen Foto: picture alliance/Christoph Soeder/dpa
Corona-Maßnahmen
 

Auf diese Fragen bleibt die Regierung Antworten schuldig

Man kann Covid-19 als Gefahr ernst nehmen – genauso aber den immer mehr werdenden „Corona-Skeptikern“ zuhören, statt sie von vorne herein lächerlich zu machen. Denn es gibt hinsichtlich der Corona-Maßnahmen Fragen, deren Antworten die Bundesregierung in ihrem Machtrausch schuldig geblieben ist. Ein Kommentar von Lukas Steinwandter.
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Die Meldungen über das Verbot von Demonstrationen gegen die Corona-Politik schlugen ein wie eine Bombe in das ohnehin gerade fragile gesellschaftliche Bewußtsein. Während sich die Verteidiger des Verbots im Berliner Senat um Kopf und Kragen reden und beteuern, es habe keine politische Gründe (obwohl Gegenproteste erlaubt sind), erzielen die Organisatoren der „Versammlung für die Freiheit“ einen PR-Erfolg. Sie können nun auch mit der Solidarisierung jener rechnen, die schon länger das Gefühl haben, der miefige DDR-Hauch wehe durch die Republik.

In weiten Teilen der medialen Öffentlichkeit waren die Fronten ohnehin längst geklärt: Ein Haufen Verschwörungstheoretiker aller Couleur trifft sich mit politischer Unterstützung der AfD und rechtsradikalen Kleinparteien in der Hauptstadt, um ihre giftige Ideologie unters Volk zu bringen. Wer die üblichen Reflexe beider Seiten einmal beiseite läßt, kommt zu dem Schluß: Man kann Covid-19 als Gefahr für Gesundheit und Gesundheitssystem ernst nehmen – genauso aber den laut Umfragen immer mehr werdenden „Corona-Skeptikern“ zuhören statt sie von vorne herein lächerlich zu machen.

Doch blicken wir kurz zurück, denn ein halbes Jahr nach Beginn der ersten Lockdowns in Europa ist es Zeit für eine Bilanz. Am 23. Februar registrierte Italien steigende Todeszahlen, verhängte „rote Zonen“ und stoppte das öffentliche Leben in einigen Provinzen im Norden gänzlich. Deutschland und Europa blickten damals noch ähnlich auf Italien, wie Italien zunächst auf China: mit einer Mischung aus Ignoranz und Überheblichkeit. Wie gut, daß das nicht uns passieren kann, lautete in etwa das Motto. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk machte sich über jene lustig, die die Pandemie schon damals ernstnahmen, tat Warnungen als rechtsradikale Verschwörungstheorien ab.

Deutschland kontrollierte seine Grenzen wieder

Schließlich machten die Corona-Viren an deutschen Grenzen nicht halt. Die Realität traf auch das moralische Vorzeigeland nördlich der Alpen. Plötzlich setzte eine radikale Kehrtwende im Umgang mit der Pandemie ein. Was vorher als unmöglich und undenkbar galt, ging plötzlich doch. Deutschland kontrollierte seine Grenzen wieder, Schulschließungen, die vorher noch als impraktikabel ausgeschlossen wurden, waren nun doch möglich. Und Politik wie Medien wechselten in den Panik-Modus.

Zusammengefaßt läßt sich feststellen: Die Bundesregierung hatte die Pandemie zuerst ignoriert, der öffentlich-rechtliche Rundfunk hatte sich über die Warner lustig gemacht, dann haben beide Institutionen überreagiert, um schließlich viel zu langsam zu einer gewissen Normalität zurückzukehren und Maßnahmen zu lockern.

Beispiel Maskenpflicht

Es gibt viele Fragen, deren Antworten die Bundesregierung in ihrem pandemieangstbedingten Machtrausch schuldig geblieben ist. Beispiel Maskenpflicht: Für die einen ist der Mundschutz das Symbol für den neuen Untertan, für die einen lediglich ein billiges Stück Stoff, das vielleicht manchmal nervt, aber immerhin für Rücksicht und Solidarität steht. Fest steht: die Maskenpflicht wurde längst zum Politikum.

Denn lange Zeit predigten Bundesregierung und das Robert-Koch-Institut, solche Masken seien für den gemeinen Bürger nutzlos. Dann hieß es plötzlich, das Bedecken von Mund und Nase helfe, eine Maskenpflicht muß her. Lag dieser Hick-Hack vielleicht daran, daß die Regierung die Vorgaben zur Notfallbevorratung ihrer eigenen Pandemiepläne und die rechtzeitige Beschaffung relevanter Ausrüstung schlicht ignoriert und verschlafen hatte?

Arbeitslosenzahlen im Wahljahr vermeiden?

Und wie schaut es mit den Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns aus? Welcher normale Mensch blickt da noch durch? Ein Nachtragshaushalt hier, eine Überbrückungshilfe dort. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, Kurzarbeitergeld, Verlängerung derselben – wann endet es? Könnte es nicht sein, daß die Regierungsparteien es einfach vermeiden wollen, im Wahljahr mit steigenden Arbeitslosenzahlen und einer Pleitewelle konfrontiert zu werden?

Vielleicht nutzen EU-besoffene Politiker die aktuelle Krise tatsächlich, um die Transfer- und Schuldenunion einzurichten, die aufgrund ihrer verfehlten Politik ohnehin zwangsläufig hätte kommen müssen, wie Klartext-Ökonom Daniel Stelter sagt. Sind die Maßnahmen richtig überlegt, wenn kleine Unternehmen ums Überleben kämpfen müssen und Dax-Konzerne Cash horten können?

Unfreiwillig untermauert wurde diese These durch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, der in einem Interview von der Corona-Krise als „großen Chance“ sprach, die „Wirtschafts- und Finanzunion, die wir politisch bisher nicht zustande gebracht haben, jetzt hinbekommen“.

Durchgreifen mit zweierlei Maß

Sind Fußball-Fans nicht zurecht wütend, wenn sie nicht einmal mit ausreichend Abstand ins Stadion dürfen, während in Düsseldorf ein Konzert mit 13.000 Zuschauern stattfinden soll und bereits Anfang Juni 15.000 Demonstranten bei einer „Black Lives Matter“-Demonstration die Hygieneregeln ignorierten?

Zum Durchgreifen mit zweierlei Maß kommt die mangelnde Kommunikation dazu. Was ist aktuell die Strategie der Regierung? Zunächst ging es darum, eine Überforderung der Gesundheitssysteme und Bilder wie in Norditalien zu vermeiden. Eine Überforderung fand nicht statt, das deutsche Gesundheitssystem war zu keinem Zeitpunkt an seiner Belastungsgrenze. Doch was ist jetzt das Ziel? Warum spricht Bundeskanzlerin Angela Merkel jetzt davon, „die Zügel anzuziehen, um bei Corona nicht in ein Desaster reinzulaufen“?

Natürlich war die Lage Anfang März eine andere. Die meisten Länder sahen sich einem unsichtbaren Feind gegenüber, über den nicht viel bekannt war. Mittlerweile sind wir weiter, auch aufgrund der Erfahrungen jener Länder, die anders mit dem Virus umgingen. Man soll, nein: man muß spätestens jetzt als freiheitsbewußter und steuerzahlender Bürger vor allem bei derart weitgehenden Regierungsmaßnahmen stets genau hinsehen und hinterfragen.

Corona-Maßnahmen kritisieren

Die Befürchtung, Deutschland gleite in eine Corona-Diktatur ab, ist indes überzogen. Das Land, die Deutschen, schafften es besser durch die Krise als manch anderer Industriestaat. Trotzdem gibt es viele Fragen, viele Sorgen, viele Anlässe für Kritik. Diese sollen auch auf Demonstrationen kundgetan werden dürfen. Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut, es sollte weder aufgehoben, noch sich über dessen Gebrauch lustig gemacht werden.

Gleichzeitig gilt aber auch: Man kann die Corona-Maßnahmen scharf kritisieren, ohne sich mit „Querdenkern“, radikalen Impfgegnern oder Verschwörungspraktikern aller Art gemein machen oder sich von ihnen vereinnahmen lassen zu müssen. Auch wenn ihre Wut und ihre Sorgen teilweise berechtigt sind.

Demonstrant auf Corona-Demo: Man kann die Corona-Maßnahmen scharf kritisieren, ohne sich mit Verschwörungspraktikern aller Art gemein zu machen Foto: picture alliance/Christoph Soeder/dpa
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