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Radikale Quertreiber: Die AfD muß eine rote Linie ziehen

Radikale Quertreiber: Die AfD muß eine rote Linie ziehen

Radikale Quertreiber: Die AfD muß eine rote Linie ziehen

Augustin
Augustin
Der Landesvorsitzende der AfD in Mecklenburg-Vorpommern, Dennis Augustin Foto: picture alliance/ dpa
Radikale Quertreiber
 

Die AfD muß eine rote Linie ziehen

Oft macht es die AfD ihren Gegnern viel zu leicht, indem sie radikale Quertreiber in ihren Reihen duldet. Dabei ist es für die Zukunft der Partei essentiell, bei Figuren wie Wolfgang Gedeon oder Dennis Augustin die Reißleine zu ziehen. Ein Kommentar von Christian Vollradt.
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Die AfD hat viele Gegner: in den Parlamenten, wo sie nicht als neuer demokratisch legitimierter Mitbewerber, sondern als Feind betrachtet wird, dem man guten Gewissens politische Mitwirkungsmöglichkeiten verwehren kann; in manchen Medien, wo Berichterstattung und voreingenommene Kommentierung ineinanderfließen; in der „Zivilgesellschaft“, wo linksextreme Übergriffe auf Mandatsträger oder Einrichtungen der Partei mit nicht nur klammheimlicher, sondern bisweilen offener Freude quittiert werden.

Doch der gefährlichste Gegner der AfD kommt von innen. Mag er auch zahlenmäßig überschaubar sein, fügt er den vielen, die sich mit Engagement und Akribie der Sacharbeit einer Partei widmen, die im Bundestag die größte Oppositionsfraktion stellt, erheblichen Schaden zu. Weil er mit wenig Einsatz viel kaputtmachen kann.

Gedeon nennt Rechtsterrorismus „Vogelschiß“

Dieser Gegner sorgt derzeit wieder für Schlagzeilen: Wenn einer der beiden AfD-Landesvorsitzenden Mecklenburg-Vorpommerns, Dennis Augustin, einst als Kaderhoffnung der NPD Schulungen besuchte und dafür sogar ausgezeichnet wurde. Wenn die ehemalige schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Doris von Sayn-Wittgenstein, die wegen früherer Verbindungen ins rechtsextreme Milieu ein Parteiausschlußverfahren am Hals hat, möglicherweise trotzdem an diesem Wochenende erneut für den Spitzenposten kandidiert.

Und wenn ein Noch-Partei-, aber Nicht-mehr-Fraktionsmitglied in Stuttgart – Wolfgang Gedeon – herausposaunt, rechtsextremistischer Terror sei – im Vergleich zu anderen Bedrohungen – „ein Vogelschiß“; ganz bewußt in Anlehnung an jene verunglückte Formulierung von AfD-Chef Alexander Gauland, die dieser längst als Fehler bedauert hat. Gedeons Stuttgarter „Vogelschiß“-Bemerkung fiel ausgerechnet zu der Zeit, als sich in Berlin während der aktuellen Stunde des Bundestages anläßlich der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke die AfD mit Verve gegen die Unterstellung wehrte, sie trage mit ihrer Kritik an der Asyl- und Einwanderungspolitik eine Mitverantwortung für dieses grausame Verbrechen.

In der Tat: Der mittlerweile geständige Verdächtige war ein in der Wolle gefärbter Rechtsextremist, war Mitglied verfassungsfeindlicher Organisationen und bereits mit einschlägigen Straftaten in Erscheinung getreten, als die AfD noch lange nicht gegründet war; kaum vorstellbar, daß es ihrer bedurft hätte, Stefan E. zu radikalisieren. Und mit einiger Berechtigung wies der AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Hess in seiner Rede auf die vielen früheren Polizisten, Soldaten, Staatsanwälte und Richter in den Reihen seiner Fraktion hin, deren Beruf und wohl auch Berufung es war, die freiheitliche demokratische Verfassungsordnung dieses Landes zu schützen – nicht sie zu bekämpfen.

Mundwerks-Helden, die sich für alternativlos halten

Wie zur Bestätigung dessen bemerkte kurz zuvor auch der Chef des Bundeamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, kurz und knapp, die AfD als Ganzes sei für seine Behörde „keine rechtsextreme Partei“. Daß sie dennoch ideologisch in Mithaftung genommen wird, für das rauer gewordene politische Klima, daß sie den Nährboden bereitet haben soll, auf dem „rechte“ Gewalt gedeiht, dafür sorgen die vielen Gegner, die die AfD hat. Ihnen kann es die Partei ihrerseits schwer machen – oder leicht.

Leicht, indem sie die radikalen Quertreiber in den eigenen Reihen duldet und gewähren läßt, weil die vielleicht noch irgendwo – und sei es im internen Konkurrenzkampf um Listenplätze und Pöstchen – als Mehrheitsbeschaffer nützlich sein könnten. Weil sie halt dazugehören, im „gärigen Haufen“, wo Wut auf die herrschenden Verhältnisse schon als gemeinsame Basis ausreichen soll.

Die lauten Mundwerks-Helden, die es für den Ausweis besonderer Zuverlässigkeit halten, wenn sie sich gegenseitig mit verbaler Steilheit übertrumpfen, die sich mit Phantasieabzeichen am Revers ihrer vermeintlichen Auserwähltheit als besonders Unbedingte versichern. Die meinen, das hohe Gut der Meinungsfreiheit für jede Pissoir-Parole heranziehen zu müssen. Die so tun, als hinge die Rettung des Vaterlandes von ihrem Schicksal, ihrem Verbleib in der AfD ab. Die keine in absehbarer Zeit mitregierungsbereite und -fähige Alternative zu den Etablierten aufbauen wollen, sondern eine Spielwiese für ihre Spleens brauchen – und daher jede Professionalisierung scheuen wie der Teufel das Weihwasser.

Augustin gehört nicht in die AfD

Zieht die AfD gegen solche Gefährder von innen eine rote Linie, macht sie es den Gegnern von außen schwerer. Wer sich früher von der NPD hat schulen lassen und diesen Umstand bei seinem Eintritt in die AfD verschwieg, hat gegen Grundsätze der Partei und ihre Unvereinbarkeitsbeschlüsse verstoßen. So jemand gehört nicht in eine bürgerlich-seriöse Alternative, und schon gar nicht an die Spitze einer Landespartei.

Mögen Parteiausschlußverfahren auch noch so langwierig, kompliziert oder wenig aussichtsreich sein; sie sind ein Signal. Ein noch wichtigeres wäre die Mehrheitsentscheidung der Basis bei Vorstandswahlen. Hier gilt wie so oft: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Der Landesvorsitzende der AfD in Mecklenburg-Vorpommern, Dennis Augustin Foto: picture alliance/ dpa
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