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Geplante Erhöhung: Parteienfinanzierung, Parteienselbstbedienung

Geplante Erhöhung: Parteienfinanzierung, Parteienselbstbedienung

Geplante Erhöhung: Parteienfinanzierung, Parteienselbstbedienung

Parteieinfinanzierung
Parteieinfinanzierung
SPD und Union wollen die staatliche Parteienfinanzierung drastisch erhöhen Foto: picture alliance/Ulrich Baumgarten
Geplante Erhöhung
 

Parteienfinanzierung, Parteienselbstbedienung

In großer Eile versuchen Union und SPD während der Fußball-WM, die staatliche Parteienfinanzierung drastisch zu erhöhen. Vorhaben und Vorgehen zeigen die Defizite des Parteienstaats: Nicht das Wohl des Staates und seiner Bürger haben viele Politiker im Auge, sondern das der Partei. Ein Kommentar von Nicolaus Fest.
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„Die Parteien wirken bei der politischen Meinungsbildung des Volkes mit“, hofft, entgegen vieler gegenteiligen Erfahrungen, Artikel 21 Grundgesetz. Er ist die Grundlage für die staatliche Finanzierung der Parteien. Kritiker und Spötter kennen allerdings auch eine weniger optimistische Version, die das Verhältnis von Volk und Parteien umdreht: „Das Volk wirkt an der privaten Vermögensbildung der Parteien mit.“ Daß für diese Einschätzung vieles spricht, läßt sich momentan wieder besichtigen.

In großer Eile versuchen Union und SPD, die staatliche Parteienfinanzierung drastisch zu erhöhen. Von jährlich 165 Millionen Euro soll es hoch auf 190 Millionen gehen – eine Erhöhung von 15 Prozent. Treibende Kraft, so ist zu hören, sei die SPD. Ihr brechen, wie in geringerem Maße der CDU, mit den schlechten Wahlergebnissen die daran gekoppelten Einnahmen weg. So versuche sie, den Gesamtetat für alle Parteien zu erhöhen. Wenn der Anteil am Kuchen schon kleiner wird, soll wenigstens das Stück fetter werden.

Die Regierungsparteien begründen den Zuschlag mit gestiegenen Ausgaben, beispielsweise für die innerparteiliche Willensbildung. Letztlich wäre damit die geplante Erhöhung auch eine Feigheitsprämie: Weil die SPD-Spitze die klare Führung scheute und sich die Koalitionsverhandlungen von den Mitgliedern per teurem Parteitag absegnen ließ, soll nun der Bürger die Kosten übernehmen.

Passend während der Fußball-WM

Und das möglichst schnell: Schon kommende Woche steht das Gesetz zur Verabschiedung, kaum zehn Tage nach Übersendung des ersten Entwurfes an die Abgeordneten. Statt breiter Debatte möchten Union und Sozialdemokraten den lautlosen Griff in die Kasse, kaum zufällig zu Beginn der Fußball-WM. Daß hier das mediale Bohei um den Fußball genutzt werde, um ein politisch brisantes Thema aus den Schlagzeilen zu nehmen, äußerten mehrere Abgeordnete.

Dabei beruht die Brisanz allein auf dem Versagen eben jener Parteien, die nun mehr Geld verlangen. Denn die Parteienfinanzierung ist seit Jahren ein Ärgernis – intransparent und mißbrauchsoffen. Warum Unternehmen und Lobbyistenvereine, die bekanntlich selbst nicht wählen können, überhaupt steuerbegünstigt spenden und damit Einfluß auf die Wahl nehmen dürfen, ist nur mit dem Mittelbedarf der Parteien zu erklären.

Doch genau solche Spenden erwecken auch den Eindruck der Käuflichkeit von Politikern. Ebenso ist unverständlich, warum nicht ausnahmslos alle Spender namentlich offengelegt werden. Wer als Bürger eine Partei unterstützen möchte, sollte zu seiner Entscheidung stehen. Damit wäre auch die Unsitte anonymer Spenden beendet und gleichzeitig die Mehrfachspende durch eine Person unterhalb der Grenze der Publizitätspflicht. Ähnliche Vorschläge hatte bereits 2009 das Antikorruptionsgremium des Europarats gemacht. Von den zehn Empfehlungen lehnten Union und FDP sieben ab – wofür sie ihre Gründe haben werden.

Intransparentes Parteisponsoring

Während Spenden und staatliche Parteienfinanzierung immerhin noch halbwegs überschaubar sind, herrscht im Bereich des Parteisponsorings völlige Intransparenz. Parteisponsoring sind alle Aktivitäten, bei denen der Zuwendung durch Firmen oder Verbände irgendeine angebliche Leistung gegenübersteht. Tatsächlich sind solche Sponsoring-Ausgaben oftmals Spenden, die jedoch als Betriebsausgabe deklariert werden – damit sie steuerlich nicht in die Sonderausgaben fallen, sondern direkt in die Betriebskosten.

So werden für Anzeigen in Parteiblättern wie Vorwärts, Bayernkurier oder dem FDP-Blatt Elde schon mal Preise verlangt, die sonst nur Großzeitungen mit Reginonalmonopol fordern können. Auch die Unsitte der thematisch abwegigen Firmenstände, die auf Parteitagen über Metallverarbeitung, Tiefbrunnen oder Elektrolyse informieren, ist dem Parteisponsoring geschuldet: Für diese Stände zahlen „befreundete“ Firmen oftmals das Doppelte dessen, was bei der Frankfurter IAA aufgerufen wird.

Und seit „Rent-a-Rüttgers“ ist auch eine besonders unappetitliche Form des Parteisponsorings bekannt: der Geldbeschaffung über gekaufte Exklusivtermine mit Top-Politikern. 22.000 Euro kostete ein Platz am VIP-Tisch mit dem früheren CDU-Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen. Auch bei der SPD konnte man für 3.000 bis 7.000 Euro Gespräche mit führenden Sozialdemokraten buchen, darunter mit Hubertus Heil, Heiko Maas, Andrea Nahles, Katarina Barley und Thomas Oppermann. Und keiner dieser Demokraten hatte damit irgendein Problem.

Es geht um die Sicherung von Pfründen

Das haben sie und die Altparteien auch nicht mit einem anderen Trick. Mit Blick auf künftige EU-Wahlen laufen gegenwärtig Initiativen, alle Kleinstparteien vollständig auszuschließen. Vorgeblich geht es um die Arbeitsfähigkeit des EU-Parlaments, tatsächlich aber um die Sicherung von Pfründen. Wenn die Kleinen per Sperrklausel von der Wahl ausgeschlossen werden, verteilen sich, so die Logik der Großparteien, mehr Stimmen auf sie – und damit auch mehr Mittel aus der Wahlkampfkostenerstattung.

Die von Union und SPD geplante Erhöhung der Parteienfinanzierung zeigt die Defizite des Parteienstaats. Nicht das Wohl des Staates und seiner Bürger haben viele Politiker im Auge, sondern das der Partei. Daher tun sie als Gesetzgeber nichts gegen die Mißstände. So wird der Staat zur Beute – und der Bürger gleich mit.

SPD und Union wollen die staatliche Parteienfinanzierung drastisch erhöhen Foto: picture alliance/Ulrich Baumgarten
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