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Zwangsgebühren-Modell: Die Öffentlich-Rechtlichen sollten kleinere Brötchen backen

Zwangsgebühren-Modell: Die Öffentlich-Rechtlichen sollten kleinere Brötchen backen

Zwangsgebühren-Modell: Die Öffentlich-Rechtlichen sollten kleinere Brötchen backen

Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Öffentlich-Rechtliche Sender: Generation Netflix kann und will damit nichts anfangen Foto: Pixabay / Wikimedia / JF-Montage
Zwangsgebühren-Modell
 

Die Öffentlich-Rechtlichen sollten kleinere Brötchen backen

Am Sonntag stimmen die Schweizer über die Abschaffung der Rundfunkgebühr ab. Auch in Deutschland und Österreich wächst der Widerstand gegen das altbackene Gebührenmodell und es wird als das wahrgenommen, was es ist: Zwang. Die Intendanten und Geschäftsführer sollten schleunigst beginnen, kleinere Brötchen zu backen, wenn sie künftig noch ein bißchen Rest-Akzeptanz in der Bevölkerung erhalten wollen. Ein Kommentar von Lukas Steinwandter.
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Stellen Sie sich vor, in Ihrem Ort gäbe es mehrere Bäcker. Einer von ihnen beliefert jeden Morgen alle Haushalte mit frischen Brötchen – auch wenn sie gar nicht bestellt wurden. Der eine nimmt es hin, weil sie ihm schmecken, der andere macht die Tüte erst gar nicht auf und wirft das Brot in den Müll.

Wieder ein anderer ißt ab und zu Brötchen zum Frühstück, sein Nachbar mag lieber Joghurt und Müsli. Die Ernährungsgewohnheiten der Bewohner sind so vielfältig wie ihre Berufe. Ihnen allen gemein ist aber eines: Wenn Sie am Ende des Monats nicht die Rechnung für die nichtbestellten Brötchen begleichen, treibt der Bäcker die ausstehende Summe notfalls mit Hilfe der Polizei und Justiz ein.

Eine kleine Gruppe von Schweizer Bürgern findet so ein System ungerecht und startet deshalb 2014 eine Unterschriftensammlung für die sogenannte No-Billag-Initiative. In der Schweiz heißen Rundfunkgebühren Billag. Und mit dem Bäcker ist die SRG gemeint, die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft. Am Sonntag dürfen die Schweizer darüber abstimmen, ob sie weiterhin mehrere hundert Franken im Jahr für die öffentlich-rechtlichen Sender überweisen müssen – oder nicht.

Junge Leute sind für Abschaffung der Gebühren

Mit großer Wahrscheinlichkeit fällt die Initiative durch. Interessant ist aber: Neben den Anhängern der liberal-konservativen Schweizerischen Volkspartei findet die No-Billag-Initiative in Umfragen vor allem unter jungen Stimmbürgern eine Mehrheit. Klar, in Zeiten von Netflix und anderen Streamingdiensten aller Art wird das Gebührenmodell als altbacken und verstärkt als das empfunden, was es ist: Zwang. Der Fernsehkonsument von heute will sein Programm frei und selber zusammenstellen.

Nicht nur in der Schweiz, wo die zunächst belächelte Kleinst-Initiative schon seit Wochen das Medienthema Nummer eins ist, stehen die Staatsfunker unter Beschuß. Auch im Nachbarland Österreich, wo die öffentlich-rechtlichen Sender des ORF schon seit Jahren als „Rotfunk“ verschrien sind, gewinnen jene Stimmen immer mehr Gewicht, die eine Abschaffung des Zwangsgebühren-Modells fordern.

„Sie finanzieren ja auch die Staatsoper“

Der stellvertretende Chefredakteur der Fernsehnachrichten und österreichische „Starmoderator“ Armin Wolf sah sich gezwungen, auf eine häufige und immer öfter gestellte Frage zum ORF einzugehen. Warum soll ich zahlen, ich schaue nie ORF? Mit seiner Antwort bestätigt er allerdings seine Kritiker.

Wolfs verquere Begründung: „Selbst wenn es Menschen gibt, die niemals ORF konsumieren: Die allermeisten Österreicher gehen nie in ihrem Leben in die Staatsoper oder ins Burgtheater. Und trotzdem finanzieren sie beides über ihre Steuern mit.“

In Österreich ist die Steuer- und Abgabenlast ähnlich hoch wie in Deutschland: nämlich erdrückend. Warum dem ORF-Mann kein besseres Argument auf die Frage eingefallen ist? Weil es keines gibt. Gerade in Zeiten, in denen sich das Berufs- und Alltagsleben der meisten Menschen durch die Digitalisierung völlig neu gestaltet, ist es schwierig, jemandem zu vermitteln, daß er für ein Produkt zahlen muß, das er weder will, braucht noch nutzt.

Einsparungspotential wäre vorhanden

Um eines klarzustellen: Es geht nicht um die Abschaffung der Sender, die, so sie eine vorhandene Nachfrage mit einem qualitativ hochwertigen und preislich angemessenen Angebot bedienen, auf dem Markt Bestand haben werden. Es geht um ein System, das auf Zwang basiert.

Und in Deutschland? Dort backt der öffentlich-rechtliche Bäcker die dicksten Brötchen. ARD und ZDF bilden den weltweit größten öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Jährlich verschlingt er acht Milliarden Euro. Das ist fast doppelt soviel wie der Haushalt des Saarlands. Und die Gebühren von 17,50 Euro pro Monat und Haushalt sollen ab 2021 sogar noch steigen. Braucht Deutschland wirklich über 100 öffentlich-rechtliche Radio- und Fernsehsender?

Vorige Woche hatte die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ihren Bericht vorgestellt, wonach ARD, ZDF und Deutschlandradio die laufende Beitragsperiode bis 2020 mit einem Überschuß von 544,5 Millionen Euro abschließen würden. Einsparungspotential wäre vorhanden.

Verfilzung von Politik und Öffentlich-Rechtlichen

Doch die aufgeblähte Struktur und ihre Zwangsfinanzierung sind nicht die einzigen kontroversen Punkte. Ein weiterer ist die Verfilzung von Politik und öffentlich-rechtlichen Medien und die daraus resultierende teilweise tendenziöse Berichterstattung, die, egal ob bei der SRG, beim ORF oder bei ARD und ZDF, wenn, dann immer eher links ist.

Da überrascht es auch nicht, wenn Rheinland-Pfalz als erstes Bundesland schon einmal vorsichtig anbietet, sich für eine Erhöhung der Rundfunkgebühren einzusetzen. Denn dessen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ist gleichzeitig auch Vorsitzende im ZDF-Verwaltungsrat. Der Geschäftsführer der ARD ist seit 1. Januar 2018 Ulrich Wilhelm, der ehemalige Sprecher der Bundesregierung für das Kabinett Merkel I und II.

Ein weiteres Beispiel ist der Fall Marc Jan Eumann. Der SPD-Politiker schaffte es nur wegen des richtigen Parteibuchs auf den Posten des Direktors der rheinland-pfälzischen Landesmedienanstalt. Die Findungskommission hatte einen Gegenkandidaten erst gar nicht zugelassen.

Der Grundversorgungsauftrag hat sich erübrigt

Diese politisch-medialen Verstrickungen führen dann zu Sendungen wie dem TV-Duell zwischen Kanzlerin Merkel und ihrem Herausforderer Martin Schulz vor der Bundestagswahl im vergangenen September, bei dem zwar vier Journalisten physisch anwesend waren, der Zuschauer das aber höchstens bei einem merkte, und der kam vom Privatfernsehen.

Auch der Grundversorgungsauftrag und die Sicherung der Meinungsvielfalt durch die Öffentlich-Rechtlichen haben sich mittlerweile erübrigt. Getrübt von den Auflagenverlusten ihrer Print-Produkte erreichen private Medien heute mehr Nutzer denn je. Und das mit Texten, Videos oder Podcasts. Weil die Privaten der Konkurrenz auf dem Markt ausgesetzt sind, werden sie auch ständig gezwungen, besser zu werden, so sie überleben wollen. Öffentlich-rechtliche Sender müssen dies nicht.

Ein bißchen Rest-Akzeptanz erhalten

Noch ist sie in der Minderheit. Die Gruppe derer, die mit der Freiheit des Internets groß geworden ist und mit starren Strukturen öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten nichts anzufangen weiß, nichts anfangen will. Die Intendanten und Geschäftsführer sollten schleunigst beginnen, kleinere Brötchen zu backen, wenn sie künftig noch ein bißchen Rest-Akzeptanz in der Bevölkerung erhalten wollen.

Und nicht wie ein Armin Wolf den Gebührenzahlern frech ins Gesicht erzählen: „Stimmt, ich bekomme mein Gehalt im ORF – großteils aus Ihren Gebühren (vielen Dank!).“ Als Staatsbürger sei es ihm das wert. Zum Glück bestimmen öffentlich-rechtliche Journalisten nicht, welches Medium dem einzelnen Bürger sein Geld wert ist. Oder doch?

Öffentlich-Rechtliche Sender: Generation Netflix kann und will damit nichts anfangen Foto: Pixabay / Wikimedia / JF-Montage
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