„Danke! Besser kann man es nicht sagen, um all das zu fassen, was im Dank unserer Nation in diesem Moment mitschwingt und was wir Ihnen auch in dem schlichten Liede zum Ausdruck bringen wollen, das wir das Lied der Deutschen nennen. Wir sind stolz auf Sie!“
So begrüßte der damalige Bundesinnenminister Werner Maihofer (FDP) die Männer der Grenzschutzgruppe (GSG) 9 nach der Befreiung der von Terroristen entführten Lufthansa-Maschine „Landshut“ am 18. Oktober 1977 bei ihrer Rückkehr aus Mogadischu.
Die beste Einheit der Welt
Und mit keinem besseren Wort ließe sich ein Nachruf auf ihren nun verstorbenen legendären Gründer und langjährigen Kommandeur Ulrich Wegener einleiten: „Danke!“ Knapp, schlicht, von Herzen kommend, so hätte es dem drahtigen Grenzschutzoffizier gefallen. Ohne Umschweife, ohne viel drum und dran. Preußisch, eben.
„Mir nach!“, das war der Grundsatz des 1929 im brandenburgischen Jüterbog geborenen Offizierssohns. So bewältigte er auch die Feuertaufe seiner Einheit, die ihr nur fünf Jahre nach Gründung verdientermaßen den Ruf einbrachte, zur Elite der Spezialeinheiten zu gehören.
„Er startete aus dem Nichts nach der Münchner Olympiade und gründete mit der GSG 9 die beste Einheit der Welt“, faßte der israelische Terror-Experte Reuven Caspy die Leistung Wegeners zusammen.
Flucht aus der DDR
Diese Karriere war ihm trotz soldatischer Familientradition nicht in die Wiege gelegt. Denn als Jugendlicher geriet Wegener mit dem kommunistischen Regime in Konflikt und landete im Gefängnis.
Nach seiner Entlassung floh er 1952 aus der DDR in den Westen. Daß sich einer seiner Brüder mit dem SED-Staat eingelassen hatte und es zu einem vollständigen Bruch mit ihm kam, gehört sicherlich zu den persönlichen Tragödien. Der junge Wegener ging zum Bundesgrenzschutz (BGS) und blieb dieser Gendarmerie-Truppe auch nach der Offiziersausbildung treu, wechselte also nicht zur neu aufgestellten Bundeswehr.
Verschiedene Verwendungen – Zug- und Hundertschaftsführer sowie Verbindungsoffizier zu den Amerikanern – durchlief er, wurde schließlich Adjutant von Innenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP).
Kooperation mit Israel
Als solcher erlebte er das Desaster von München, als die Befreiung der israelischen Geiseln aus den Händen arabischer Terroristen kläglich scheiterte. Es war die – traurige – Initialzündung, eine Spezialeinheit zur „Lösung polizeilicher Sonderlagen“ zu erschaffen – und Wegener erwies sich als der geborene Mann dafür, die Sache in die Hand zu nehmen.
Vorbilder und Unterstützung fand er im britischen SAS sowie vor allem in Israel, wo er bei den Partnern trotz deren anfänglicher historisch begründeter Vorbehalte mit seiner gewinnenden Art schnell einen bleibenden positiven Eindruck hinterließ.
„Feuerzauber“ war sein Meisterstück. Nicht nur, aber auch weil danach „Wir haben keine Toten“ an den Krisenstab in Bonn gemeldet werden konnte. „Im Fall der GSG 9 in Mogadischu war es in Wirklichkeit keine polizeiliche Aufgabe, sondern eine quasi soldatische Aufgabe, man kann auch sagen, eine militärische Aufgabe“, bilanzierte der damalige Kanzler Helmut Schmidt (SPD) den Einsatz.
Zuletzt saß Wegener im Rollstuhl
In Wegener hatte der Politiker Schmidt sein passendes Gegenüber als Offizier gefunden: mit der notwendigen Mischung aus Härte und Augenmaß. Diese preußischen Pflichtmenschen im Kampf gegen den Terrorismus der linksextremen Rote Armee Fraktion sollten den Verlauf des „Deutschen Herbstes“ prägen.
Auch nach seiner Pensionierung blieb der „Held von Mogadischu“ dem Anti-Terrorkampf verpflichtet und beriet weltweit zahlreiche Regierungen beim Aufbau und der Ausbildung entsprechender Spezialeinheiten.
Zuletzt wurde es ruhiger um den immer wieder als Zeitzeuge gefragten General außer Dienst, der bei seinen jüngsten Auftritten im Rollstuhl sitzen mußte. Bereits am 28. Dezember ist – wie nun bekannt wurde – Ulrich Wegener im Alter von 88 Jahren gestorben. Der Mann, dem viele Deutsche mittel- oder unmittelbar ihr (Weiter-)Leben verdanken. Danke!