Es war so erwartbar wie unüberraschend: Das Unwort des Jahres 2017 lautet „alternative Fakten“. Der Jury um Linguistikprofessorin Nina Janich zufolge sei die Bezeichnung „der verschleiernde und irreführende Ausdruck für den Versuch, Falschbehauptungen als legitimes Mittel der öffentlichen Auseinandersetzung salonfähig zu machen“.
Den Begriff prägte Donald Trumps Beraterin Kellyanne Conway, die mit „alternative facts“ die falsche Tatsachenbehauptung bezeichnete, zur Amtseinführung des US-Präsidenten Anfang 2017 seien so viele Feiernde wie nie zuvor auf der National Mall vor dem Kapitol in Washington gewesen. „Der Ausdruck ist seitdem aber auch in Deutschland zum Synonym und Sinnbild für eine der besorgniserregendsten Tendenzen im öffentlichen Sprachgebrauch, vor allem auch in den sozialen Medien, geworden“, erläuterte Janich.
Er stehe „für die sich ausbreitende Praxis, den Austausch von Argumenten auf Faktenbasis durch nicht belegbare Behauptungen zu ersetzen“. Alternative oder falsche Fakten sind aber nur die halbe Wahrheit. Fest steht: Es gibt sie, die Falschmeldungen oder zurechtgebogenen Tatsachen auf vermeintlich konservativen oder rechten Blogs und Social-Media-Accounts.
Fest steht aber auch: Es werden regelmäßig Fake News von Links und auch von seiten der sogenannten Qualitätsmedien veröffentlicht. Dort nennt sich das dann einfach Political Correctness. Auch durch Weglassen und Nicht-Berichten kann man die Öffentlichkeit fehlinformieren.
Beste Zeiten für seriöse Berichterstattung
Die Chancen für seriöse Berichterstatter standen indes noch nie so gut wie jetzt, als solche zu überzeugen. Nicht trotz, sondern gerade weil es eine große Konkurrenz im Internet und dort vor allem in sozialen Netzwerken gibt, die – bewußt oder nicht – unsauber oder gar falsch berichtet. Wer konstant mit faktenbasierter Berichterstattung statt mit Nanny-Journalismus auffällt, dem glaubt der Leser am Ende mehr, und dafür bezahlt er mitunter auch gerne.
Anstatt sich über „alternative Fakten“ aufzuregen, die sich später manchmal auch als Wahrheit erweisen, sollte sich das – noch – tonangebende linksintellektuelle Milieu lieber fragen, warum es offenbar so viel Nachfrage an „alternativen Fakten“ gibt, daß eine selbsternannte sprachkritische Jury den Ausdruck zum Unwort des Jahres küren kann.
Das Ergebnis könnte sie verunsichern. Denn genauso wie mit „alternativen Fakten“ manchmal Tatsachen zurechtgedreht oder gar frei erfunden werden, sind es manchmal einfach Fakten, die dem eigenen Weltbild widersprechen.