Was für den Pöbel taugt, ist für die herrschende Schicht noch lange nicht gut genug. Dachte sich wohl Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), als sie ihren Sohnemann zum neuen Schuljahr in der fünften Klasse eines Schweriner Privat-Gymnasiums anmeldete. Und damit aufs schönste den Beweis antrat: Doppelmoral und Nomenklatura-Mentalität gedeihen selbst im ärmsten deutschen Flächenland.
Ganztags- und Gemeinschaftsschulen, Inklusion, „längeres gemeinsames Lernen“ bis einschließlich Jahrgangsstufe sechs, all die fortschrittlichen Errungenschaften, die sie als Bundesfamilienministerin im Namen des „Menschenrechts auf Bildung“ gepredigt hat und die auf staatlichen Schulen in Mecklenburg-Vorpommern durchaus schon zu haben wären, erspart die Ex-Steueramtsrätin dem eigenen Nachwuchs vorsichtshalber lieber mal.
Ein Ausrutscher? Keineswegs. Dort, wo am lautesten „Gleichheit“ und „Gerechtigkeit“ gefordert werden, betrachtet man sich um so selbstverständlicher als gleicher als die anderen. Kein Wunder also, daß es gerade auf der politischen Linken von Schul-Heuchlern nur so wimmelt. Andreas Stoch (SPD), von 2013 bis 2016 Kultusminister der ersten grün-roten Landesregierung, die das gegliederte Schulsystem im Südwesten mit Vorschlaghammer und Abrißbirne bearbeitete, schickt seine Kinder auf die Waldorfschule.
Ideologische Verbohrtheit
Gesamtschul-Fanatikerin Hannelore Kraft, bis Mai Ministerpräsidentin in NRW, schickte ihren Sohn aufs Gymnasium, mit derselben faulen Ausrede wie Schwesig: Der Schulweg sei halt kürzer. Auch Katharina Schwabedissen, bis 2012 Linken-Chefin in NRW, ließ ihre beiden Söhne auf eine Privatschule gehen. Andrea Ypsilanti war ab 2008 angetreten, um via Rot-Grün-Rot das ohnehin desolate hessische Schulwesen noch einmal zu revolutionieren: Gemeinsames Lernen bis zur zehnten Klasse für alle, aber nicht für den eigenen Sohn – der geht auf ein Privatgymnasium. Natürlich nur wegen der besseren Betreuungszeiten, versteht sich.
Schön, daß den Politikerkindern die Bildungskatastrophe erspart bleibt. Pech für alle anderen, deren Eltern jene Steuergelder erarbeiten, von denen die Gleicheren sich ihre Privilegien finanzieren lassen. „Wasser predigen, Wein saufen“ – das geflügelte Wort verniedlicht jedoch die skandalöse Mentalität: Die Feigheit, selbst die Konsequenzen dessen zu tragen, was man aus Opportunismus oder ideologischer Verbohrtheit leichterhand fürs gemeine Volk angerichtet hat und bedenkenlos noch auf die Spitze treibt.
Das verinnerlichte „Zwiedenken“ hat die Politnomenklatura mit ihren Mitläufern und Steigbügelhaltern in den von ihnen gehätschelten Milieus gemeinsam: „Willkommenskultur“ ausrufen und jeden, der sich an der Überfremdung des eigenen Umfelds stört, aus dem er nicht so einfach fortziehen kann, zum verkappten „Rassisten“ erklären, aber selbst in den privilegierten Lagen wohnen und sich Asylheime tunlichst vom Halse halten.
Gelebte Doppelmoral
Mit gepanzerten Limousinen durch die Gegend fahren und sich von Leibwächtern abschirmen lassen, aber dem U-Bahn fahrenden Normalo erklären, an Terroranschläge müsse man sich nun einmal gewöhnen, die gehörten zum Lebensrisiko wie Haushaltsunfälle. Die Multikulti-Schule zum Integrationswerkzeug hochjubeln, aber den eigenen Nachwuchs auf Schulen schicken, wo ihnen „Migranten“ allenfalls in Gestalt von violinspielenden Vietnamesinnen oder iranischen Ingenieurssöhnen begegnen.
Die gelebte Doppelmoral erstreckt sich längst auf alle Lebensbereiche: Der Verzicht auf Fernreisen, dicke Autos und individuelle Bewegungsfreiheit predigt sich leicht im Namen der Rettung von Klima und Umwelt, wenn man selbst auf Steuerzahlers Kosten in der Weltgeschichte herumfliegen und sich in komfortablen Limousinen kutschieren lassen kann.
Peinlich, wenn dann herauskommt, daß man selbst immer mehr Autokilometer anhäuft, wie beim Umweltbundesamt, das ansonsten die Bürger ermahnt, das Auto öfter mal stehen zu lassen. Für die zusätzlichen Flugreisen kann man ja, wie Baden-Württembergs grüner Umweltminister Franz Untersteller, eine Erhöhung der CO2-Abgabe als Ablaßzahlung in Aussicht stellen. Die bezahlt ja ohnehin der Steuerzahler.
Vertreibung aus dem Privilegien-Paradies
Um das dumme Volk zur Askese zu erziehen, fährt man auch mal werbewirksam per Bahn oder mit dem Fahrrad zum Termin. Die Dienstlimousine kann man ja nachführen lassen. Der Alt-Grüne Hans-Christian Ströbele hat das schon vor Jahren vorgemacht: Der Dienstwagen parkt um die Kreuzberger Ecke, das öko-korrekte Fahrrad kommt in den Kofferraum. E-Autos und enge Hybrid-Kompaktwagen sind für die anderen, selbst reist man lieber standesgemäß.
Ein Schelm, wer da an Erich Honecker denkt, der bis zum Schluß meinte, der „Trabant“ sei ja wohl gut genug für die Werktätigen. Wenn der Zugriff auf die staatlichen Ressourcen stimmt, reicht es allemal noch für Extrawürste zum eigenen Komfort. Immerhin – die Mitglieder der neuen Nomenklatura kann man abwählen. Die Vertreibung aus dem Privilegien-Paradies bedeutet auch für sie die Höchststrafe.
Selten wurde das schamloser vorexerziert als vom baden-württembergischen Landtag, der Anfang des Jahres die großzügigen Rundum-sorglos-Abgeordnetenpensionen aus dem Steuertopf wieder einführen wollte. Natürlich ohne den satten Zuschuß für die eigenverantwortliche Altersvorsorge zu streichen, den man sich ein paar Jahre zuvor genehmigt hatte. Privatvorsorge sei bei den miesen Zinsen ja kaum noch auskömmlich, gestand der Fraktionschef der grünen Regierungsfraktion aber entwaffnend ehrlich ein.
JF 38/17