Das Land gespalten, seine Bürger zutiefst verunsichert? „Wir schaffen das!“ Sexuelle Übergriffe auf Frauen in Freibädern und bei Festivals? „Wir schaffen das!“ Terroranschläge von Islamisten in Deutschland? „Wir schaffen das!“ Wachsender Frust und steigende Politikverdrossenheit in der Bevölkerung? „Wir schaffen das!“
Angela Merkel hat sich am Donnerstag vor der Bundespressekonferenz zu ihrer Flüchtlingspolitik und deren Folgen geäußert. Doch wer auch nur ein einziges selbstkritisches Wort der Kanzlerin erwartet hatte, wurde enttäuscht. Sie habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und stehe zu ihren Entscheidungen, rechtfertigte sich die CDU-Chefin. Zwar sei die von ihr verantwortete Asylpolitik eine „große Bewährungsprobe“, sie habe aber auch nie gesagt, daß es einfach würde. Dennoch sei sie nach wie vor fest davon überzeugt, „daß wir das schaffen.“
Merkel ignoriert die Probleme
Nur, wer ist „wir“? Davon kein Wort von Merkel. Kein Wort zu den Frauen, die an Silvestern in Köln und anderswo Opfer sexueller Übergriffe wurden – und zwar von denen, die Merkel mit ihrer Willkommenspolitik der offenen Grenzen und des freundlichen Gesichts bereitwillig ins Land geholt hatte.
Kein Wort zu den Bürgern, die sich seit einem Jahr mit den Folgen des Asylansturms auseinandersetzen müssen. Kein Wort zu den Kommunen, die mit der Finanzierung und Unterbringung der Asylsuchenden überfordert sind. Kein Wort für die Polizei, die dank der ungebremsten Einwanderung an der Belastungsgrenze ist. Kein Wort zu den Tafeln, die wegen Verteilungskämpfen die Essensausgabe rationieren müssen. Kein Wort dazu, daß der Riß, den Merkels Flüchtlingspolitik verursacht hat, nicht mehr nur das Land spaltet, sondern sich durch Familien und Freundeskreise zieht. Kein Wort dazu, daß ihre Entscheidungen Deutschland in Europa ins Abseits geführt haben.
Sie schwebt über dem „Wir“
Sicher, daß Politiker Fehler eingestehen, ist selten. Daß sie Konsequenzen ziehen, noch seltener. Wer einen Regierungschef fragt, ob er eine politisch falsche Entscheidung getroffen habe, kann genauso gut einen Tabaklobbyisten fragen, ob Rauchen gesundheitsschädlich ist.
Doch Angela Merkel ist anders. Sie versucht gar nicht erst, etwas Falsches als richtig zu verkaufen. Sie will auch nicht bloß von möglichen Gefahren ablenken oder diese herunterspielen. Ihr sind die Konsequenzen ihrer Politik schlicht egal. Das hat die Kanzlerin auf der heutigen Pressekonferenz lächelnd bewiesen. Angela Merkel schwebt längst über dem von ihr so oft bemühten „Wir“. Sie hat den Kontakt zum realexistierenden Deutschland verloren.
Wie Merkel über die Folgen ihres Handelns denkt, hat sie im vergangenen Spätsommer auf der Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag deutlich gemacht: „Ist mir egal, ob ich schuld am Zustrom der Flüchtlinge bin. Nun sind sie halt da.“