Wie kriminell müssen gewählte Volksvertreter eigentlich werden, damit ihre Partei sie ausschließt? Diese Frage muß sich gerade die Bremer SPD stellen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die beiden SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Mehmet Acar und Patrick Öztürk. Illegale Beschäftigung und Sozialbetrug in mehrere Fällen werden Mehmet Acar vorgeworfen. Patrick Öztürk soll in einen Sozialbetrug gigantischen Ausmaßes verwickelt sein.
Wenn sich Acar und Öztürk ihrer Verantwortung als Volksvertreter in der Bürgerschaft bewußt wären, dann hätten sie sich gar nicht zu solchen Machenschaften hinreißen lassen. Hätten sie wenigstens einen Funken Anstand im Leib, dann würden sie jetzt ihr Mandat zurückgeben. Beides scheint nicht der Fall zu sein.
Knappe Mehrheiten verhindern Konsequenzen
Bleibt die Frage, warum ihre Partei, die Bremer SPD, den beiden mutmaßlich kriminellen Genossen nicht den Stuhl vor die Tür setzt. Die Tatvorwürfe wiegen schwer, beschädigen das Ansehen der Partei. Und wer sich im Politbetrieb auskennt, der weiß: Die Staatsanwaltschaft lässt die Immunität von Abgeordneten nicht einfach mal eben so aufheben. Die Vorwürfe der Strafverfolger sind meist fundiert.
Warum schmeißt die Bremer SPD die beiden also nicht aus ihrer Partei und Fraktion? Vielleicht liegt es ja daran, daß die Bremer Regierungskoalition aus Grünen und SPD nur über eine hauchdünne Mehrheit von 44 Abgeordneten in der 83 Parlamentarier zählenden Bürgerschaft verfügt. Würde sie Acar und Öztürk rausschmeißen, dann würde ihre Mehrheit auf einen einzigen Sitz zusammenschmelzen. Keine angenehmen Aussichten für den rot-grünen Senat.
Aber wie sieht denn die Alternative aus? Für ihren möglichen Betrug könnten Öztürk und Acar bis zu fünf Jahre Haft bekommen. Sollen Patrick Öztürk und Mehmet Acar im Falle ihrer Verurteilung etwa auch als Betrüger für die SPD in der Bürgerschaft sitzen? Müssen dann die Bürgerschaftssitzungen auf ihren Freigang gelegt werden?