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Meinung: Goldman Sachs und die Arroganz der Macht

Meinung: Goldman Sachs und die Arroganz der Macht

Meinung: Goldman Sachs und die Arroganz der Macht

Manuel Barroso
Manuel Barroso
Manuel Barroso: Schneller Wechsel Foto: dpa
Meinung
 

Goldman Sachs und die Arroganz der Macht

Von 2004 bis 2014 war Manuel Barroso EU-Kommissionspräsident. Nun fängt der Portugiese bei Goldman Sachs an. Kein zweites Unternehmen steht mit solcher Symbolkraft für den Feudal-Kapitalismus des 21. Jahrhunderts. Die Milliardenschieber und ihre Kumpane in der Politik haben ein gemeinsames Ziel: Die Aushöhlung der Demokratie.
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Am Freitag wurde bekannt, daß Manuel Barroso, EU-Kommissionspräsident von 2004 bis 2014, als Berater zu Goldman Sachs nach London geht. Die Nonchalance bei der Wahl des Zeitpunkts kann eigentlich nur beeindrucken. Gerade einmal zwei Wochen nach der Brexit-Entscheidung der britischen Wähler zeigt die Brüsseler Hofaristokratie, was die Meinung der europäischen Plebejer sie schert. Nichts.

Das britische Votum ist nicht einmal Anlaß, eine Zeitlang so zu tun, als ob Volkes Stimme irgend etwas gelte. Im Gegenteil. Eine „echte europäische Regierung“ jetzt erst recht, fordert EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. Wahrscheinlich meint er eine, die das Volk in seine Schranken weist. Ausdruck des britischen Volkswillens war das jedenfalls nicht.

Hauptquartier der neuen Welt

Ein „jetzt erst recht“ steckt auch in der Entscheidung des Portugiesen Barroso. Daß nur keiner daran zweifle, wer Herr im Hause ist. Goldman Sachs. Kein zweites Unternehmen steht mit solcher Symbolkraft für den Feudal-Kapitalismus des 21. Jahrhunderts. Auch die Arroganz der Macht wird kaum irgendwo so zelebriert wie in den 228 Meter hohen Goldman Sachs New World Headquarters an der 200 West Street in Manhattan.

In der Tat: New World Headquarters. Das Hauptquartier der Neuen Welt. Goldman Sachs profitiert nicht nur von der Globalisierung, Goldman Sachs ist die Globalisierung. Goldman Sachs ist auch der Benefiziar der supranationalen Strukturen, der EU und WTO und TTIP und CETA. Und im Unterschied zu den Jugendlichen in Südeuropa, deren Arbeitslosigkeit der Euro perpetuiert, bleibt bei Goldman Sachs richtig was hängen. Genug jedenfalls, um Politiker und Funktionseliten mit dollargrünen Tentakeln an sich zu binden.

Man wechselt hin und her. Etwa Henry Paulson, Goldman-Sachs-Chef von 1999 bis 2006, danach bis 2009 US-Finanzminister. Oder Peter Sutherland, EU-Kommissar 1985 bis 1989, von 1993 bis 1995 GATT- und WTO-Chef, danach 20 Jahre lang, bis 2015, Goldman-Sachs-Aufsichtsratsvorsitzender. Oder Mario Draghi, von 2002 bis 2005 bei Goldman Sachs beschäftigt, dann Präsident der Italienischen Nationalbank und seit 2011 Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB).

Goldman Sachs braucht Informationen

Wer wie Barroso zwei Amtszeiten der EU-Kommissionsvorstand war, kennt das Spiel und die Spieler. Ihre Schwächen, ihre Stärken, ihre Geheimnisse. Ihre Pläne und die Leichen im Keller. Er wird nicht billig zu haben sein, doch Goldman Sachs braucht ihn dringend. David Camerons – aus Sicht der Systemverteidiger – epochaler Fehler, das britische Volk bei der Gestaltung seiner Zukunft mitbestimmen zu lassen, hat die Londoner Finanzwelt in eine schwere Krise gestürzt. Die Branche, die seit Jahrzehnten all-inclusive lebt, wurde vom Ergebnis der Volksabstimmung kalt erwischt.

Zumindest macht niemand mehr einen Hehl daraus, was unsere modernen Feudalherren, die Milliardenschieber und ihre Kumpane in der Politik und in den Institutionen, vom angeblichen Souverän halten. Verzweifelt wird nach Wegen gesucht, Referenden und Volksbefragungen zukünftig zu vermeiden. Wahlen werden zu Ermächtigungsvoten, gefolgt von vierjähriger Entscheidungsabstinenz. Keine Frage, so läßt sich famos regieren.

Die europäischen Völker stehen am Scheideweg. Unterwerfen sie sich der Allianz aus Geld und Politik und akzeptieren sie Goldman Sachs als „echte europäische Regierung“, der sie Stück für Stück ihrer verfassungsmäßigen Souveränität überantworten? Anders als die deutsche Bundeskanzlerin vorgibt, existiert eine Alternative. Sie lautet schlicht und einfach: „Nein“.

Manuel Barroso: Schneller Wechsel Foto: dpa
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