Marco Pino ist Regisseur des neuen JF-Films „Mythos Energiewende“. Im Interview spricht er über seine größten Aha-Effekte während der Recherchen, ob die Energiewende gelingen kann und ob er neben einem Atomkraftwerk wohnen wollte.
Herr Pino, bei den Recherchen zu Ihrem neuen JF-Film „Mythos Energiewende“ – was waren da für Sie die größten Aha-Effekte?
Marco Pino: Vor allem die Abgründe, die sich auftun zwischen der Darstellung des Themas in den Medien und dem für jeden frei zugänglichen, wissenschaftlich-technischen Sachstand. Ein Beispiel: Am Ende des zweiten Teils zeigen wir, daß Deutschland seit 20 Jahren etwa gleich viel Strom verbraucht – knapp 600 Terawattstunden (TWh) pro Jahr. Doch obwohl der Bedarf gleich geblieben ist, haben wir im selben Zeitraum die installierte Kraftwerksleistung annähernd verdoppelt. Wir ersetzen also gar nicht Kraftwerke durch Windräder, sondern leisten uns eine doppelte Infrastruktur, bei der viele Großkraftwerke nur noch als „Backup“ laufen, um dann einzuspringen, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint. Und das ist natürlich ineffizient und teuer.
Wenn der Umbau der Energieversorgung umständlich und teuer ist, warum machen wir das dann?
Pino: Da muß man differenzieren. In der Politik ist CO2-Vermeidung offenbar das große Mantra. Wobei es auf der extrem Linken sicher auch solche gibt, die eine heimliche Strategie der Deindustrialisierung fahren. In der Stromwirtschaft hingegen hat die Politik mit dem EEG ein System geschaffen, von dem alle Akteure profitieren. Betreibern von Windparks zum Beispiel kann egal sein, ob ihr Strom gebraucht wird. Sie erhalten ihr Geld, selbst wenn der Strom gegen Aufpreis ins Ausland entsorgt werden muß. Betriebswirtschaftlich ist das eine Goldgrube, volkswirtschaftlich eine Katastrophe. Das Ergebnis sind die höchsten Strompreise der Welt. Doch das kann den Unternehmen egal sein. Die Kosten trägt der Stromkunde, nunmehr auch der Steuerzahler. So oder so: der Bürger.
Wenn man unbedingt CO2 einsparen will, wäre Kernenergie nicht die Lösung?
Pino: Das ist ja die große Absurdität. Schauen Sie nach Frankreich: Der französische Strommix besteht zu 70 Prozent aus Kernenergie, deren CO2-Ausstoß pro Kopf ist halb so hoch wie unserer, ihr Strompreis auch. Oder sehen Sie nach Polen: Wir schalten bis 2022 sechs KKWs mit 8,5 Gigawatt (GW) Leistung ab, Polen plant bis 2040 sechs KKWs mit einer Leistung von bis zu neun GW. Das ist doch absurd! Wenn wir Industrieland bleiben, unseren Wohlstand und eine stabile Stromversorgung behalten wollen, dann, meine ich, kommen wir um die Kernenergie nicht herum.
Aber Hand aufs Herz: Würden Sie denn neben einem KKW wohnen wollen?
Pino: (lacht) Ich möchte neben gar keinem Kraftwerk wohnen, auch nicht neben einem Windrad! Aber die Frage ist: Muß man das überhaupt? Bei der Kernenergie ist die Energiedichte so hoch, daß es theoretisch reichen würde, fünf sehr große Anlagen dezentral in Deutschland zu errichten, um einen Großteil unserer Grundlast zu erzeugen. Da muß dann auch keiner daneben wohnen. Bei der Windkraft hingegen ist die Energiedichte so gering, die Technik so ineffizient, daß irgendwann jeder von uns neben einem Windrad wird wohnen müssen. Jedenfalls wenn der Ausbau so weitergeht wie geplant.
Kann denn die Energiewende so überhaupt gelingen?
Pino: Wäre Deutschland eine Insel, hätten wir wohl heute schon regelmäßig Blackouts. Schon jetzt nutzen wir den Rest Europas als Puffer, um das Netz wider unseren Flatterstrom zu stabilisieren. Wenn die anderen Europäer das weiter mitmachen und wir Bürger das weiter bezahlen, kann man es sicher noch eine Weile weitertreiben. Wenn aber auch noch die Sektoren Verkehr und Wärmeerzeugung einfließen sollen, reden wir über einen derart hohen Energiebedarf, daß ich meine: das ist alleine mit den sogenannten „Erneuerbaren“ völlig unrealistisch. Erst recht, solange eine effiziente, großtechnische Speicherlösung fehlt. Und die existiert derzeit nur in Dokus von ARD und ZDF, aber in der Realität ist sie nicht in Sicht.
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