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„Illegal ist kriminell“

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„Illegal ist kriminell“

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Cato, Weidel, Exklusiv

Herr Gibelli, kann Europa den stetig wachsenden Ansturm illegaler Einwanderer in Zukunft überhaupt noch stoppen?

Gibelli: Das Problem ist, daß zwar wir Mittelmeeranrainer die Auswirkungen unmittelbar am eigenen Leib spüren, die europäischen Binnenländer – etwa Sie in Deutschland – dagegen nur indirekt. Nämlich dann, wenn die Einwanderer es geschafft haben, unsere Grenzsicherung zu überwinden und nach Europa einzudringen, wo sie sich dann frei bewegen können.

Seit 2005 gibt es Frontex, gegründet von den europäischen Regierungen, um das Problem der illegalen Einwanderung zu beheben.

Gibelli: Mein Eindruck ist, daß zumindest die Binneneuropäer dennoch die Tragweite des Problems immer noch nicht richtig begriffen haben. Es ist wichtig, daß diesbezüglich schleunigst ein Lernprozeß in Ihren Ländern einsetzt. Ihnen ist offenbar nicht klar, wie schlimm auch auf indirektem Wege die Lage früher oder später auch bei Ihnen werden kann.

Ist es nur ein Erkenntnisproblem, oder existiert in den europäischen Binnenländern vielleicht gar nicht der Wille, Europa langfristig gegen die illegale Einwanderung zu behaupten?

Gibelli: Um ehrlich zu sein: Ich glaube in der Tat nicht, daß das der Fall ist. Mit einem Wort: Nein. Man sieht deutlich, wie Länder wie Italien alleine gelassen werden.

Woran liegt das?

Gibelli: Man muß auch die Hintergründe verstehen. Zum Beispiel Deutschland: Die deutsche Regierung verhält sich natürlich auch deshalb anders, weil die deutsche Einwanderung eine andere Geschichte hat: Bei Ihnen wurde wegen des Wirtschaftswunders nach dem Krieg die Einwanderung tatsächlich dringend gebraucht. So hat Einwanderung in Deutschland schon eine Tradition, sie verlief allmählich und in relativ geordneten Bahnen, und sie hatte zu Beginn auch positive Seiten für Ihr Land. In Italien dagegen kennen wir Masseneinwanderung erst etwa seit 15 Jahren. Plötzlich standen wir einer Welle der illegalen Armutseinwanderung gegenüber, die uns fast überschwemmt hat. Die Deutschen müssen lernen, diesen Unterschied zu verstehen. Sie können Ihre Einwanderung nicht einfach mit der Einwanderung gleichsetzen, die wir erleben. Deshalb erwarten wir künftig mehr Verständnis. Deutschland und Europa dürfen nicht einfach zur Seite blicken, sondern müssen den Blick schärfen für die Probleme, die Länder wie Italien mit diesem früher oder später ganz Europa betreffenden Phänomen haben.

Die jüngste Prognose der Uno spricht von einem Anstieg der Weltbevölkerung auf über neun Milliarden Menschen bis 2050. Machen Sie angesichts des künftig daraus resultierenden Zustroms nach Europa Ihren Wählern nicht falsche politische Versprechungen?

Gibelli: Absolut nicht. Das haben wir mit unserer bisherigen Politik konkret bewiesen. Nachdem die Politik der Linksregierung unter Romano Prodi von 2006 bis 2008 die illegale Einwanderung begünstigt hat, tut Italien nun endlich etwas dagegen! Denn allein in den ersten zehn Monaten 2007 sind 17.200 illegale Immigranten über das Mittelmeer von Schleusern nach Italien eingeschmuggelt worden. 2008 waren es bereits 27.417! Und dieses Phänomen nimmt täglich zu. Wir schätzen, daß sich inzwischen bis zu 570.000 illegale Einwanderer in Italien aufhalten. Mit der Regierungsübernahme im April 2008 haben wir jedoch sofort begonnen, das Problem anzupacken. Heute haben wir immerhin nachweislich mehr Sicherheit auf den Straßen, dank des Einsatzes von Polizei und Armee.

Immer öfter kommt es deshalb zum Streit mit der Uno. Gerade hat der italienische Verteidigungsminister Ignazio La Russa das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) als „wertlos“ und „unmenschlich“ angegriffen – sich allerdings anschließend auch entschuldigt.

Gibelli: Italien hat zum Beispiel illegale Einwanderer bereits in internationalem Gewässer aufgebracht und zurückgeschickt. Dieses Vorgehen ist vom UNHCR sehr kritisiert worden. Aber ich frage: Welches Recht hat das UNHCR, uns Vorwürfe zu machen? Denn man ist dort überhaupt nicht an unseren Problemen interessiert. Tatsächlich läßt uns das UNHCR mit dem Flüchtlingsproblem aus Nordafrika alleine. Wenn wir dann als souveräner Staat im nationalen Interesse handeln, macht man uns Vorwürfe.

Vor allem mit der italienischen Sprecherin des UNHCR, Laura Boldrini, liegt Rom inzwischen im Clinch.

GibellI: Ich bezweifle nicht, daß die Uno das Recht hat, ihre Meinung durch Frau Boldrini bekanntzugeben. Aber auch die Uno hat sich dabei bitte an die Wahrheit zu halten. Die Positionen einiger Mitglieder des UNHCR sind mir inzwischen völlig unverständlich. Man denke nur daran, unter welchen wirklich schlimmen Konflikten die Welt leidet: etwa in Darfur, wo Tausende, darunter viele Christen, umgebracht worden sind. Oder an die blutigen Diktaturen in Nordkorea, Birma oder Simbabwe. Die Uno hat etwa 58.000 Angestellte und kostet 3,6 Milliarden Dollar im Jahr. Sie sollte ihre Mittel lieber auf die wirklichen Probleme verwenden, nämlich sich um das Los der echten politischen Flüchtlinge zu kümmern. Dann hätte Frau Boldrini auch nicht soviel Zeit, um Zank zu provozieren.

Was, wenn es Europa nicht gelingt, der illegalen Einwanderung Herr zu werden? Wie wird das Europa der Zukunft dann aussehen?

Gibelli: Soweit darf es gar nicht erst kommen! Europa muß einen gemeinsamen und von allen Regierungen gebilligten Plan fassen, um die illegale Einwanderung zu bekämpfen. Italien geht mit gutem Beispiel voran. So haben wir drei nagelneue Schiffe an Libyen verschenkt und ein Abkommen geschlossen, damit sie die Illegalen abfangen können. Denn die meisten Illegalen, die derzeit versuchen, nach Italien zu kommen, starten von Libyen aus.

2002 haben Sie das Bossi-Fini-Gesetz erlassen, das ein guter Anfang war, sich aber auf die Regelung legaler Zuwanderung bezieht. Nun haben Sie Mitte Mai ein neues Sicherheitspaket bezüglich der illegalen Einwanderung im römischen Parlament beschlossen.

Gibelli: Mit der Zustimmung zu diesem Gesetz hat der italienische Staat seine Unabhängigkeit zurückgewonnen, der viel zu lange nur nachsichtig gegenüber illegaler Einwanderung war. Das Sicherheitspaket enthält verschiedene Normen zur Bekämpfung der illegalen Immigration. Von nun an ist illegale Einwanderung ein Verbrechen: Wer jetzt illegal unseren Boden betritt, ist ein Verbrecher. Und diejenigen, deren Fall geprüft wird, unterliegen nicht mehr nur zwei Monate der Überprüfung, sondern sechs, um kritischer prüfen zu können. Politisches Asyl bekommen inzwischen nur die tatsächlich Anspruchsberechtigten, und das sind etwa nur noch ein Prozent. Auch können nun die Bürgerstreifen wieder in ihren Stadtquartieren patrouillieren. Und wer an illegale Einwanderer vermietet, kann ins Gefängnis kommen. Ebenso gelten nun strengere Gesetze für Heiratsschwindler zur Erschleichung der Staatsbürgerschaft. Außerdem gehen wir gegen hygienische Mißstände unter Einwanderern und gegen öffentliche Bettelei durch sie vor. 

Allerdings ist die Lega Nord bereits seit Jahren in Italien Regierungspartei – Sie können die Versäumnisse also doch nicht allein auf das Zwei-Jahre-Intermezzo der Linken von 2006 bis 2008 schieben?

Gibelli: Die Lega Nord war die erste unter den Regierungsparteien, die in puncto Einwanderung die Initiative ergriffen hat. Unser Innenminister Roberto Maroni setzt sich sehr ernsthaft für strengere Regelungen ein: Unsere italienischen Bürger müssen Vorrang haben, was Freiheit, Sicherheit und das Sozialwesen angeht! Das ist die Lega Nord, und das ist der neue politische Trend des Landes!

Bis wann versprechen Sie Ihren Wählern, das Zuwanderungsproblem in den Griff zu bekommen? Können Sie eine konkrete Zeitangabe machen?

Gibelli: Damit haben wir doch schon längst angefangen! Unsere Wähler haben schon festgestellt, daß sich etwas verändert hat im Land: Die Straßen sind sicherer geworden. Erstmals kann jetzt ein gefaßter illegaler Immigrant sofort zurückgeschickt werden. Ja, man kann ihn schon zurückschicken, bevor er überhaupt vom Boot seinen Fuß in unser Land gesetzt hat. Das ist das erste Mal in Europa, daß so etwas möglich ist, und das wird von den Wählern sehr geschätzt. 

Tut Ihr Regierungspartner Silvio Berlusconi, der im Unterschied zu Ihnen zum Beispiel für einen EU-Beitritt der Türkei ist, genug in der Einwanderungsfrage?

Gibelli: Berlusconi ist in puncto illegaler Einwanderung mit uns völlig einig. Gemeinsam mit der Lega Nord hat er alles unterschrieben, um dem Programm, das wir vor den Wahlen versprochen haben, treu zu bleiben. Und unsere Minister – ich meine die der Lega – sind die Garanten dafür, daß diese Politik auch beibehalten wird.

Ausgerechnet Ihr zweiter Partner allerdings, Gianfranco Fini, ehemals Alleanza-Nazionale-Chef, hat nun durchgesetzt, daß zum Beispiel Einwanderer bei der Einschulung ihrer Kinder nicht ihre Aufenthaltserlaubnis vorlegen müssen.

Gibelli: Fini muß als Präsident der italienischen Abgeordnetenkammer überparteilich sein, daher nimmt er mitunter Postionen ein, die nicht ganz mit dem übereinstimmen, was wir vor den Wahlen versprochen haben. Für diese verfassungsrechtlich bedingte Abweichung muß man Verständnis haben.

Die Lega fällt als die einwanderungskritischste Kraft der Regierungskoalition auf. Es gibt dennoch keine Friktionen ob der Differenzen?

Gibelli: Die Wähler, vor allem die der Lega Nord, sind doch überwiegend zufrieden mit dieser Regierung. Innenminister Maroni liegt bei Umfragen bei einer Zustimmungsrate von sechzig Prozent. Solange die Lega an der Regierung sein wird, wird sie nicht von ihren Versprechen abweichen, sondern für deren Verwirklichung kämpfen. 

Warum ist ausgerechnet die Lega, deren Kernland der Norden ist, weit weg von den Landungsgebieten der Illegalen im Süden, die einwanderungskritischste Partei Italiens?

Gibelli: Die Lega ist aus einer Bewegung entstanden, die für Identität und Autonomie eintritt. Unsere Wurzel ist die Familie und unsere Region. Der Norden ist der wirtschaftlich produktive Teil Italiens. Das führt dazu, daß die Mehrzahl der Einwanderer schließlich bei uns landet. So daß wir trotz allem die illegale Einwanderung sehr viel drückender spüren als der Süden.

Ihr Parteikollege Matteo Salvini spricht davon, daß die Italiener bald schützenswerte Minderheit im eigenen Land sein könnten – und ist dafür schwer kritisiert worden.

Gibelli: Wir tun, was unser Recht und unsere Pflicht ist. Aber nun warten wir auf Europa. Denn das Problem der Einwanderung ist nicht nur unser Problem, sondern das Problem aller Europäer. Auch die anderen Europäer müssen endlich ihren Teil leisten. Doch egal, ob Europa uns unterstützt oder kritisiert, die Italiener haben es verdient, daß wir unsere ganze Energie und alle unsere Kräfte einsetzen, damit wir in einem sicheren, demokratischen und modernen Land leben können. Jeden Tag kommen durchschnittlich 66 illegale Einwanderer nach Italien. Nun haben wir einen umfangreichen Maßnahmenkatalog verwirklicht und gehen davon aus, daß in den nächsten Monaten die Einwanderung abnimmt. Wir haben die Ausweisung in die Herkunftsländer verschärft und werden auch künftig alles daran setzen, dieses schwierige Problem für unser Land und unsere Bürger zu lösen. Wir werden so lange darum kämpfen, bis wir zu einer gerechten Situation für Italien gelangt sind.     

Andrea Gibelli: Unter dem Einfluß der Lega Nord ist die Regierung Berlusconi zum Vorreiter im Kampf gegen illegale Einwanderung in Europa geworden. Andrea Gibelli ist einwanderungspolitischer Sprecher der Lega-Fraktion in der Camera de Deputati, dem italienischen Parlament in Rom. Geboren wurde der studierte Architekt 1967 nahe Lodi in der Lombardei. Die 1989 von Umberto Bossi gegründete Lega Nord (Parteilogo unten) gilt als die einwanderungskritischste der etablierten italienischen Parteien ( www.leganord.org ). Bei der Wahl 2008 erreichte sie landesweit 8,3 Prozent der Stimmen. Bekanntlich ist die Lega aber nur im Norden verwurzelt. Dort erzielte sie in ihren Hochburgen Lombardei und Venetien 21 bzw. 27 Prozent. In Rom stellt sie vier Minister, darunter den Innenminister.

Foto:  Einwandererstrom vor italienischer Polizeisperre (Lampedusa, 2009): „Unsere Gesetze machen es erstmals möglich: Von nun an ist illegale Einwanderung ein Verbrechen“ 

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