So löblich die Besuche des obersten Dienstherrn bei der Truppe im Einsatzgebiet auch grundsätzlich sind: Franz Josef Jung (CDU) – der am 2. März seinen 100. Diensttag als Bundesminister der Verteidigung antritt – hätte besser getan, sich intensiver um die Zustände im eigenen Haus zu kümmern, als gleich zu Beginn seiner Amtszeit in der Weltgeschichte herumzureisen. Diese ungewöhnlich scharfe Kritik stammt nicht etwa aus den Reihen der Opposition, sondern von einem Sicherheitspolitiker in der CDU-Bundestagsfraktion. Die internen Äußerungen beziehen sich auf die jüngsten Vorgänge um die Entlassung der beiden Generäle Dieter und Ruwe (JF berichtete). Daß auch die von CDU-Mann Jung fortgesetzte Politik der „Vergangenheitsbewältigung“ in der Bundeswehr seines SPD-Amtsvorgängers Struck (siehe Beitrag Seite 5) auf Kritik in den eigenen Reihen stößt, ist allerdings angesichts der völlig heruntergewirtschafteten „geschichtspolitischen Verfassung“ der Christdemokraten nicht zu erwarten. Die genannte Kritik des Kollegen zielt nämlich nicht auf die politischen Inhalte, für die Jung steht, sondern auf dessen mangelnde Machtposition, da er sich als Fachfremder mit ebensolchen politischen Mitarbeitern umgibt (bis hin zu einem Staatssekretär Friedbert Pflüger!) und dadurch am Gängelband eines sich omnipotent wähnenden Generalinspekteurs geführt wird, während andererseits die SPD dank Peter Struck nach wie vor noch über beste Kontakte in den Apparat auf der Hardthöhe verfügt. Zwar strebte der 1949 in Erbach im Rheingau als Sohn eines Weingutbesitzers geborene Jung nach seinem Wehrdienst bei den Flußpionieren in Niederlahnstein und beim Flugabwehrbataillon in Lorch die Laufbahn als Reserveoffizier an, mußte diese aber wegen des frühen Todes seines Vaters abbrechen. Zunächst übernahm er den väterlichen Betrieb, später wurde er Rechtsanwalt. Wuchern kann Jung mit einen reichen politischen Erfahrungsschatz. Insofern empfahl er sich auf jeden Fall für einen Kabinettsposten in Berlin – nebensächlich, in welchem Ressort. Außerdem, so wurde bereits kurz nach der Regierungsbildung gemutmaßt, besteht eine von Jungs Hauptaufgaben in Merkels Truppe darin, an der Spree als Auge und Ohr seines Landesvorsitzenden Roland Koch zu fungieren. Mit ihm verbindet ihn eine langjährige Freund- und politische Weggefährtenschaft. Für das loyale Verhältnis Jungs zu Koch ist jenes Foto sinnbildlich, das den Landesvater bei der Weinlese zeigt, wie er die Kiepe auf dem Rücken des Winzers Jung befüllt. Die ihm attestierte Fähigkeit zur „Krisenreaktion“ wird Jung im neuen Amt noch unter Beweis stellen müssen. Ob er, der den Nationalgarde-Plänen Schäubles skeptisch begegnete, der Truppe seinen Stempel wird aufdrücken können, ist noch nicht absehbar. Am Kurs der Internationalisierung der Bundeswehr wird sich allerdings auch unter ihm nichts ändern.
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