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Technologiesouveränität: Die EU und der Technologiewettlauf: Einsen dort, Nullen hier?

Technologiesouveränität: Die EU und der Technologiewettlauf: Einsen dort, Nullen hier?

Technologiesouveränität: Die EU und der Technologiewettlauf: Einsen dort, Nullen hier?

Eine klare nationale und europäische Strategie ist notwendig, um Wettbewerbsvorteile zu sichern. Stillstand ist in der digitalen Welt keine Option (Symbolbild) Foto: picture alliance / Zoonar | Alexander Limbach
Eine klare nationale und europäische Strategie ist notwendig, um Wettbewerbsvorteile zu sichern. Stillstand ist in der digitalen Welt keine Option (Symbolbild) Foto: picture alliance / Zoonar | Alexander Limbach
Eine klare nationale und europäische Strategie ist notwendig, um Wettbewerbsvorteile zu sichern. Stillstand ist in der digitalen Welt keine Option (Symbolbild) Foto: picture alliance / Zoonar | Alexander Limbach
Technologiesouveränität
 

Die EU und der Technologiewettlauf: Einsen dort, Nullen hier?

Zwischen den Supermächten USA und China eingezwängt, sucht die EU nach Wegen in die Selbstbestimmung in Sachen Technologie. Stillstand ist dabei keine Option. Wer im Rennen der Supercomputer und Server zurückfällt, öffnet Hackern, Spionen und Kriminellen Tür und Tor.
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Die sich rapide verändernde Weltpolitik und der rasante technologische Fortschritt werfen Fragen auf: Wie haben die Ereignisse der letzten Jahre – Pandemie, Krieg, Protektionismus und Sanktionen – die globalen Lieferketten beeinflußt? Welche Auswirkungen haben die Abkehr von der Globalisierung und der Aufstieg techno-ökonomischer Blöcke auf die Abhängigkeit von Staaten untereinander? Inwiefern sind Deutschland und die EU von dieser Entwicklung betroffen und sind sie dazu in der Lage, in Schlüsseltechnologien wie Mikroelektronik, Quantencomputer, KI und Blockchain souverän zu werden?

Doch was bedeutet „technologische Souveränität“ überhaupt? Der Begriff beschreibt „die Fähigkeit von Einzelpersonen und Organisationen, ihre Rollen in der digitalen Welt eigenständig, selbstbestimmt und sicher auszuüben.“ Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, definierte 2020 sein Verständnis von strategischer Autonomie, das direkt mit dem Konzept der „technologischen Souveränität“ verbunden ist. Er äußerte sich wie folgt: „Strategische Autonomie bedeutet nicht Protektionismus. Meiner Ansicht nach bezieht sie sich vielmehr auf die Fähigkeit, in der Entwicklung unserer Infrastrukturen und Technologien eine Wahl zu haben und kritische Abhängigkeiten von Drittländern zu reduzieren, so daß wir uns notfalls auf unsere eigenen verlassen können.“

Auch die EU verfügt über enormes technisches Know How

Dies wirft die Frage nach dem Gleichgewicht auf. Was wird überwiegen – die Entwicklung unserer eigenen High-Tech-Produktion oder die Einbeziehung externer Partner in die Zusammenarbeit? Um dieser Problematik auf den Grund zu gehen, verschaffen wir uns zu Beginn einen Überblick darüber, wie sich Europa auf eine technologische Autonomie vorbereitet und ob dies in absehbarer Zeit überhaupt möglich ist. Zunächst einmal ist hervorzuheben, daß die EU ihren Weg zur „technologischen Freiheit und Sicherheit“ nicht bei null beginnt. Die EU-Mitgliedstaaten verfügen über umfangreiches Know-how. Jeder hat schon mal von Nokia, Siemens, Bosch oder Orange gehört.

Im Bereich der Mikroelektronik hat die EU einiges zu bieten, wie beispielsweise die ASML Holding aus den Niederlanden, den weltweit größten Anbieter von Lithographiesystemen für die Halbleiterindustrie. Die Infineon Technologies AG wiederum ist ein deutscher Halbleiterhersteller. Und das französische Unternehmen Atos stellt Supercomputer her. Die EU ist also breit aufgestellt. Diese Breite ist auch notwendig, um im „technologischen Ozean“ sicher zu navigieren und in Zukunft mit den amerikanischen und chinesischen „Haien“ zu konkurrieren.

Welche Regeln sollen für Big Tech gelten?

Die EU legt großen Wert auf die Entwicklung von Standards im digitalen Raum. So gibt es bereits das Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten (DSGVO), und in weniger als zwei Jahren werden weitere Gesetze wie der Digital Markets Act und der Digital Services Act in Kraft treten. Diese Regelwerke schränken ein, was Techfirmen mit Nutzerdaten machen können und welche Anzeigen sie im Netz schalten dürfen. Experten zufolge sind europäische Unternehmen zu 90 Prozent von amerikanischen Dienstleistern abhängig, was Risiken der Spionage und Cyberattacken mit sich bringt.

Das EU-Parlament will nicht nur die Richtung für die digitale Wirtschaft in der EU vorgeben, sondern auch weltweit Maßstäbe schaffen, die den Rückstand Europas im Wettbewerb um technologische Spitzenplätze kompensieren. Die Eröffnung eines EU-Büros im Silicon Valley 2022 zeigt, wie ernst es der Union mit der Absicht ist, eine führende Rolle bei der Regulierung von Technologie zu übernehmen.

Quantencomputer als Sicherheitsrisiko

Außerdem erhöht die EU die Budgets für Forschung und Entwicklung und entwickelt mit „Horizon Europe“ ein Innovationsprogramm, das im Zeitraum zwischen 2021 und 2027 mit rund 95,5 Milliarden Euro ausgestattet ist. Erwähnenswert ist auch die Entwicklung von Forschungsprogrammen im Bereich der Quanteninformatik. Die EU hat Quantentechnologie 2018 zur Priorität erklärt und eine Milliarde Euro für die Forschungsfinanzierung bereitgestellt. Das „Quantum Flagship“ ist eine der ehrgeizigsten Initiativen und gilt als größte internationale Fördereinrichtung für Quantentechnologie.

Die Befürchtung ist groß, den Wettlauf zu verlieren. Es wird erwartet, daß Supercomputer in der Lage sein werden, Verschlüsselungsprotokolle innerhalb von Sekunden zu knacken. Experten zufolge könnten die Computer deshalb bald unter Exportbeschränkungen fallen.

Förderpolitik made in EU

Zudem werden Mittel für die Entwicklung eigener High-Tech-Produkte bereitgestellt. So verkündete die Europäische Kommission 2022 den „European Chips Act“. Sie plant, Halbleiter zu entwickeln, um die Abhängigkeit vom US-asiatischen Tropf zu verringern. Im Zusammenhang mit dieser Initiative will die Kommission 11 Milliarden Euro für die Produktion von Halbleitern bereitstellen. Bis 2030 sollen insgesamt 43 Milliarden Euro Investitionen aufgebracht werden, um den Anteil der EU am weltweiten Halbleitermarkt von neun auf 20 Prozent zu erhöhen.

Neben Halbleitern benötigt die EU Quantentechnologie, um von den USA und Ostasien unabhängig zu werden. Daher startet die EU ein Programm zum Bau von Supercomputern. Der Europäische Rat hat 2021 eine Verordnung zur Gründung des „EuroHPC“-Gemeinschaftsunternehmens mit Sitz in Luxemburg verabschiedet, das entsprechende Infrastruktur in Europa aufbauen soll, um den Bedarf zu decken und Forschungsnetze für Hochleistungscomputer zu entwickeln. „Euro HPC“ hat acht Supercomputer beschafft, die über ganz Europa verteilt sind. Diese sollen mit europäischen Mikroprozessoren betrieben werden. Die EU forscht an Prozessoren für stromsparendes Rechnen und hat die sogenannte European Processor Initiative (EPI) ins Leben gerufen. Startups wie Sipearl oder Tachyum sollen den Kontinent weniger abhängig von US-amerikanischen Herstellern wie AMD oder Intel machen.

Lieferketten spannen sich quer um die Welt

Seit Thierry Breton sich dafür stark gemacht hat, daß die Europäische Union technologisch unabhängig wird, ist die Debatte um Technologiesouveränität wieder in vollem Gang. Doch in der globalisierten Welt ist technologische Souveränität schwer zu definieren. Die Mikrotechnik illustriert die Herausforderungen, vor denen die EU steht. Zahlreiche Unternehmen sind weltweit in die Produktion von Mikrochips involviert. Das Netzwerk erstreckt sich über Länder wie die USA, Taiwan, Südkorea und Deutschland.

Kein einzelnes Unternehmen verfügt über alle Komponenten, die in der Mikroelektronik benötigt werden. Ein Großteil der Ressourcen stammt aus verschiedenen Ländern, was Abhängigkeiten schafft. China ist Hauptlieferant Seltener Erden. Inertgase stammen aus Ländern wie Rußland. Fotolithographiemaschinen werden hauptsächlich in den Niederlanden produziert. Deutsche Firmen wie die Siltronic AG stellen Siliziumscheiben her und japanische wie Showa Denko KK liefern Chemikalien.

Sackgasse Technologieautarkie

In Anbetracht dieser Verflechtungen ist es nahezu unmöglich, alles durch Inlandsproduktion zu ersetzen. Das stellt die EU vor die Herausforderung, sich mit Partnern abzustimmen. Um die Lieferung von Mikrochips sicherzustellen, hat die EU spezielle Gesetze verabschiedet. Diese sollen die Ansiedelung großer Hersteller wie Intel und TSMC in Europa sicherstellen. Intel hat bereits zugesagt, in den nächsten zehn Jahren 80 Milliarden Euro in die EU zu stecken. Mit TSMC ist es anders: Obwohl es bereits Gespräche über Werkseröffnungen in Europa gab, sind diese mittlerweile ins Stocken geraten. Im Gegensatz dazu haben die USA TSMC dazu bewegt, eine Fabrik in Arizona zu bauen.

Der Digitalwettlauf ist in vollem Gange, und die technologische Souveränität Europas, insbesondere Deutschlands, steht auf dem Spiel. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sind Investitionen in Forschung und Innovation von entscheidender Bedeutung. Allianzen auf nationaler und internationaler Ebene sind unerläßlich, um gemeinsame Ziele zu erreichen und Lieferketten zu sichern. Vor dem Hintergrund internationaler Umwälzungen strebt die EU an, die transatlantische Einheit nicht nur im militärisch-politischen, sondern auch im technologischen Bereich auszubauen.

Steckt Europa zwischen den Tech-Giganten USA und China fest?

Ähnliche Bestrebungen sind auf der anderen Seite des Atlantiks zu erkennen. Ein erster Schritt in Richtung Konsolidierung. Experten warnen allerdings vor einem Übergewicht der amerikanischen Interessen, vor allem in Fragen der Technologieregulierung. Diese sollte möglichst innovationsfreundlich gestaltet sein und Unternehmen dazu ermutigen, in vielversprechende Technologiebereiche zu investieren, ohne bürokratische Hindernisse überwinden zu müssen.

Eine klare nationale und europäische Strategie ist notwendig, um Wettbewerbsvorteile zu sichern. Stillstand ist in der digitalen Welt keine Option. Europa und Deutschland müssen jetzt entschlossen handeln, um in eine technologisch souveräne Zukunft zu gehen. Die Gestaltung des digitalen Zeitalters liegt in unseren Händen. Es ist an der Zeit, diese Chance zu ergreifen.

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Elena Fritz, Jahrgang 1986, leitet ein Unternehmen und hat Rechtswissenschaften an der Universität Regensburg studiert. Seit 2018 engagiert sie sich in Bayern für die AfD, in deren Landesvorstand sie zwischen 2019 und 2021 tätig war.

JF 04/24

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