Daß Merkels neuer Bundesumweltminister Norbert Röttgen als smarter Politiker gelten kann, wird kaum jemand bestreiten – es fragt sich nur, was man darunter versteht. Im Langenscheidt jedenfalls wird „smart“ nicht nur mit „gescheit“, sondern auch mit „geschäftstüchtig“, „gerissen“ und „klugschnackend“ übersetzt.
Zwar stimmt es nicht, daß mangelnde Fachkenntnis die Voraussetzung für die Übernahme eines Berliner Ministeriums ist, aber sie kann auch nicht schaden. Als Röttgen Ende Oktober antrat, nannte ihn die Presse einen „ökonomischen Grünschnabel“ und behauptete, er müsse jetzt sehr viel Fachvokabular büffeln. Das hat er umgehend getan.
Nicht einmal sein Vorgänger Sigmar Gabriel konnte die ökologisch korrekten Platitüden so schön aus dem Stand heruntersagen. Wenn wir weitermachen wie bisher, verkündete Röttgen Anfang Dezember in der FAZ, werde die durchschnittliche Temperatur um sechs Grad steigen (woher weiß er das?), und deswegen müßten die Industrieländer ihren Ausstoß von „Treibhausgasen“ bis 2050 um 80 bis 95 Prozent verringern (wie soll das möglich sein?). Entweder plant er die Deindustrialisierung Deutschlands, oder er glaubt nicht, was er sagt, oder er sagt einfach, was er für karriereförderlich hält.
Noch vor drei Jahren stellte er sich diese Karriere so vor, daß er gleichzeitig Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie würde und sein Mandat im Bundestag behalten könne. Daraus wurde nichts, nachdem Hans-Olaf Henkel vor „unlösbaren Interessenkonflikten“ (Lobbyist und Volksvertreter in einem!) gewarnt hatte.
Geschadet hat die damalige Bauchlandung nicht, denn Norbert Röttgen zählt zum engsten Kreis um Angela Merkel, gilt als „Muttis Klügster“ und besitzt wie diese den Vorzug, theoretisch auch in konkurrierenden Parteien verwendbar zu sein. In jüngeren Jahren konspirierte er als Mitglied der „Pizza-Connection“ mit grünen Kollegen und fiel bei Helmut Kohl in Ungnade, weil er – übrigens zusammen mit Ronald Pofalla – für die Aufweichung des Staatsbürgerschaftsrechtes eintrat.
Wenn Röttgen den Klimaschutz als „Weltinnenpolitik“ propagiert, wird kein Grüner widersprechen – und die Kanzlerin auch nicht. Die Nationalstaaten müßten bereit sein, Kompetenzen an multilaterale Organisationen abzugeben – „koste es, was es wolle“, erklärte sie. Koste es, was es wolle! Das klang fast so, als verberge sich hinter den klimaideologischen Worthülsen eine geheime Agenda.
Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des Finanzdienstes Gold&Money Intelligence.