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Sichtbare Bruchlinien

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Mit seinem Auftritt in Davos hat der türkische Premier Erdoğan ein kaum zu mißdeutendes Signal gesetzt. Dem israelischen Präsidenten sagte er ins Gesicht, die Armee seines Landes habe in Gaza „Massenmord“ begangen. Der Fluch Gottes werde Israel heimsuchen, prophezeite er, Allah werde das Land bestrafen, und der Judenstaat werde sich selbst zerstören. Dann stürmte er aus dem Raum. Es ist kaum anzunehmen, daß ihm die Sicherungen durchgebrannt sind – live vor der Weltöffentlichkeit. Wahrscheinlicher ist, daß er die im März anstehenden Kommunalwahlen im Kopf hatte, wo es für seine AKP-Regierungspartei darauf ankommt, die Wut der Massen über die geschundenen Palästinenser in Wählerstimmen umzuwandeln. Tatsache ist, daß sich die „muslimische Straße“ nirgendwo im Nahen Osten so vehement gegen Israel und auf die Seite der Hamas geschlagen hat wie in der Türkei. Schon länger sichtbare Bruchlinien in der Ankara-Connection mit Jerusalem sind nun aufgebrochen – und es könnte gut sein, daß türkischen Regierungen, wenn sie im Amt bleiben wollen, nichts anderes übrigbleibt, als sich mehr auf die Grundstimmung der nahöstlichen Region einzulassen, statt weiter den Spagat zwischen Orient und Okzident zu üben. Für die USA, den Westen überhaupt, für die EU und Israel sowieso ist dies eine wichtige Nachricht.

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