Auch in der Krise haben die Unternehmen über all ihren Restrukturierungsversuchen nicht vergessen, daß die Mitarbeiter ihr wertvollstes Kapital sind. Was viele immer leichtfertig als das leere Gerede von Motivationsprofis abtun möchten, erweist sich bei näherem Hinsehen als eine Maxime, die zu beherzigen man sich oft einiges kosten läßt. So soll die Deutsche Bank im vergangenen Jahr bei einem Gewinn von lediglich 1,37 Milliarden Euro mehr als den doppelten Betrag in die Hand genommen haben, um ihre Spitzenkräfte bei guter Laune zu halten. Allein ihr Chef Josef Ackermann konnte 2003 knapp 11 Millionen Euro einstreichen und mit einer Einkommenssteigerung von rund 60 Prozent in nur einem Jahr sogar ein Signal gegen den nun schon lang anhaltenden Trend einer Stagnation der Löhne und Gehälter setzen. Es geht wieder aufwärts mit Deutschland, und es ist nur richtig, daß die, die dafür in erster Linie die Verantwortung tragen, auch jene sind, die davon am allermeisten profitieren. Zu hoffen ist nun, daß alle aus der Krise gelernt haben und steigende Gewinne der Unternehmen oder gar ein Anziehen des wirtschaftlichen Wachstums daher niemanden zu Fehlschlüssen verleiten. Ein Josef Ackermann setzt keine Maßstäbe für die Masse der Durchschnitts- oder Unterdurchschnittsverdiener. Ihre Ansprüche dürfen vielmehr nicht in den Himmel wachsen, damit die unternehmerische Elite unseres Landes, die keine Härte gescheut hat, um die Lage zu einem besseren zu wenden, nicht aufs Neue enttäuscht wird. Bei moderaten, von der Vernunft geleiteten Einkommenssteigerungen werden sie sich daran gewöhnen müssen, mehr und mehr Eigenverantwortung zu übernehmen und durch den Verzicht auf vertraute Wohltaten des Staates diesen von der unappetitlichen Pflicht zu entbinden, die Besserverdienenden weiterhin unstatthaft zu belasten. Josef Ackermann, für den eine erfolgreiche Praxis ohne eine adäquate Theorie nicht vorstellbar ist, hat hierfür das passende Stichwort gegeben: Der Wertschaffung muß wieder Priorität vor der Verteilung eingeräumt werden. Wer aber schafft die Werte im Unternehmen? Krethi und Plethi an der Basis oder im Mittelbau sollten sich hier nicht vorschnell angesprochen fühlen. Es ist zwar zutreffend, daß manche Unternehmenskultur Mitarbeiter dazu verleitet, ihren individuellen Beitrag zum Ganzen wichtig zu nehmen. Solche Management-Instrumente verfolgen aber stets den Zweck, die Angestellten durch ein geschärftes Verantwortungsgefühl zu disziplinieren und den Verzicht auf Einkommenszuwächse durch Wohlfühlen und Status zu kompensieren. Wie unwichtig die meisten in Wirklichkeit sind, zeigte und zeigt sich hingegen in Phasen des Personalabbaus. Unersetzlich sind eigentlich nur Menschen vom Schlage Josef Ackermanns. Er hat die Deutsche Bank so geführt, daß sie ein Übernahmekandidat geblieben und der Aktienkurs entsprechend hoch ist. So und nicht anders werden Werte geschaffen.
- Kommentar