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Chancen statt Folklore

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Seit vielen Jahren ist der deutsche Föderalismus kaum mehr als eine kostspielige Folklore, deren Hauptzweck die machtpolitische Blockade sowie die Vermehrung und Versorgung der politischen Klasse ist. Das Ineinander von Bund und Ländern lähmt die Gestaltungskraft des Bundes, andererseits sind die Landtage fast aller Kompetenzen beraubt. Bleiben die Ministerpräsidenten, die sich als Zaunkönige auf der bundespolitischen Bühne spreizen, ohne dort Verantwortung zu tragen. Das Ergebnis ist ein Politikertyp, der Eitelkeit mit Provinzialismus vereint und der bundesweit inzwischen alternativlos ist. Was das für die Qualität der Politik bedeutet, liegt auf der Hand.

Die Vorschläge der Föderalismuskommission zur Kompetenzentflechtung sind ein Schritt in die richtige Richtung. Das politische Leben würde wieder ein bißchen lebendiger werden. Ein Sonderfall sind die Neuen Länder, die den "Solidarpakt II", der ihnen bis 2019 Milliardentransfers zusichert, in das Grundgesetz festschreiben wollen. Falls man das tut, sollte man ihnen im Gegenzug mehr Eigenverantwortung und Gestaltungsfreiheit zumuten, etwa dadurch, daß man sie von der in Jahrzehnten gewachsenen Bundesbürokratie teilweise befreit. Das könnte den Aufholprozeß wieder in Schwung bringen. Das Gefühl, Bürger zweiter Klasse zu sein, würde allmählich verschwinden und eine neue, selbstbewußte Elite Mitteldeutschland befördern. Der deutsche Föderalismus, nähme man ihn ernst, hätte die Chance, wieder ein gesellschaftspolitischer Faktor zu werden.

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