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„Lauschangriff“ weiterführen? Dr.

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Unter jedem zweiten Schlafzimmerbett des Landes
wähnten seinerzeit die Gegner des Einsatzes technischer Mittel in Wohnungen die technisch hochgerüsteten Lauscharmeen einer voyeuristischen Schnüffelpolizei. Insgesamt 119 Anwendungsfälle bisher bundesweit sind von diesem Propagandaszenario übrig geblieben. Schon bei der Debatte um die Einführung des sogenannten „Lauschangriffs“ hatten Kriminalisten darauf hingewiesen, daß allein schon der enorme Aufwand, der mit diesen Maßnahmen verbunden ist, die Wohnraumüberwachung nur als Ultima-Ratio-Instrument zuläßt. Genau dies hat sich in der Praxis bestätigt. Die strengen rechtlichen Voraussetzungen, insbesondere die Subsidiaritätsklausel (Paragraph 100c Absatz 1 Strafprozeßordnung) dürften zusätzlich zu dem relativ geringen Umfang an Wohnraumüberwachungen beigetragen haben. Die praktischen Anwendungsfälle beschränken sich somit auf schwerste, zum Teil organisierte Kriminalität, bei der andere Ermittlungen erfolglos blieben, zum Beispiel aufgrund kodiert geführter Telefongespräche und Unterhalten besonders vertarnter Depots, umfassend vorbereitete Gegenobservationen, den kriminaltaktisch erforderlichen Abzug eines „V-Mannes“ oder erheblicher Druckausübung auf aussagewillige Belastungszeugen und Mitbeschuldigte. In diesen Fällen ist die Abhörmaßnahme das letzte noch zur Verfügung stehende Mittel und daher unverzichtbar. Die Zunahme internationaler terroristischer Bedrohung läßt die Forderung, auf die Abhöroption wieder zu verzichten, geradezu anachronistisch erscheinen. Die heute noch von den Klägern vorgetragenen Argumente von gestern sind durch vier Jahre Praxiserfahrung widerlegt. Holger Bernsee ist stellvertretender Bundesvorsitzender des Bundes deutscher Kriminalbeamter (BDK) und Leiter einer Kriminalinspektion im LKA Berlin. Der große Lauschangriff steht im Fadenkreuz von Freiheit und Staat. Banal ist der Satz „Ohne Sicherheit keine Freiheit“, aber anspruchsvoll ist die Aussage, daß sich ohne Freiheit der Bürger die Frage nach ihrer Sicherheit erledigt. Der Lauschangriff auf Wohnungen berührt mehr als nur die Freiheit der Bürger: Er ist die Axt an ihrer Wurzel mit Namen Persönlichkeitsrecht. Treffend hat das Bundesverfassungsgericht formuliert, dem Einzelnen müsse „um der freien und selbstverantwortlichen Entfaltung seiner Persönlichkeit willen ein Innenraum verbleiben, in dem er sich selbst besitzt und in Ruhe gelassen wird und ein Recht auf Einsamkeit genießt“. Wer diese Wurzel kappt, flutet die Rückzugsräume individueller Persönlichkeit. Zurück bleibt der Schlick der Furcht vor permanenter staatlicher Überwachung: Sie droht sich in den Köpfen festzusetzen und die Freiheit zur Meinung und zur Betätigung zu lähmen. So schlimm mag es vielleicht nicht kommen: Schreckensbilder sind der Feind der Aufklärung. Aber liefert die ständige Ausweitung der heimlichen Überwachung mit subtilsten technischen Mitteln von der Videokamera im Klingelschild bis zur Telefon- und Internetüberwachung nicht allen Grund zur Sorge? Schließlich wird nicht nur der Verdächtige gezielt überwacht, sondern der Lauschangriff gilt der gesamten Wohnung und ihren unbescholtenen Bewohnern und Besuchern, einschließlich ihres Privat- und Sexuallebens. Die Anlaßtaten sind auch nicht nur gravierend, sondern umfassen entgegen allen Beteuerungen einen umfassenden Katalog einschließlich des einfachen Bandendiebstahls. Auch konnte die Bundesregierung die Erforderlichkeit des „großen Lauschangriffs“ nicht überzeugend belegen: In den überwiegenden Fällen der bislang durchgeführten Überwachung war die Relevanz der Daten schlichtweg „ernüchternd“. Vor diesem Hintergrund wird die „Souveränität zur Freiheit zu ihrem größten Schatz“! Dr. Johann Bizer ist wissenschaftlicher Assistent an der Universität Frankfurt/Main und Herausgeber der Zeitschrift Datenschutz und Datensicherheit.

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