Die Präsidentschaft von Johannes Rau endet dort, wo sie begonnen hatte: in der Suhle der parteipolitischen Taktik und Kungelei. Indem Kanzler Gerhard Schröder und sein Vize Joschka Fischer erklärten, sie wollten 2006 erneut zusammen in den Wahlkampf ziehen, um damit eine politisch-psychologische Herbstoffensive einzuleiten, gaben sie zu verstehen, daß es ihnen auf die FDP-Stimmen in der Bundesversammlung, die für die Wiederwahl Raus nötig gewesen wären, nicht mehr ankomme. Damit bestätigt sich Schröders und Fischers hemdsärmelige Machtpolitik, aber auch die Entwertung des Präsidentenamtes und seines gegenwärtigen Inhabers. Hätte der langjährige Düsseldorfer SPD-Ministerpräsident als Bundespräsident ein Eigengewicht entwickelt, wäre er heute tatsächlich jener „Bürgerpräsident“ geworden, der er werden wollte, dann hätte man einen derart verächtlichen Umgang mit ihm nicht gewagt. Rau wird als ähnlich blaß Erinnerung bleiben wie sein CDU-Vorgänger Roman Herzog. Es ist konsequent, daß es in der Nachfolgediskussion nicht darum geht, welcher Kandidat am besten für das Land ist. Es geht um den Überraschungseffekt beim Publikum und die Verwirrung des Gegners. Die Parteien halten es gar nicht für nötig, ihre Beutementalität und ihre Wählerverachtung zu verbergen. Die Forderung, die Entscheidung über das Staatsoberhaupt per Direktwahl an das Volk zu übergeben, ist deshalb in den Wind gesprochen. Man möchte gar nicht mehr wissen, wer am Ende das Rennen macht, sondern wartet auf den unausweichlichen Kladderadatsch, den diese politische Klasse verdient hat.