Der Vorschlag von Friedrich Merz – dem die Union Mittelständischer Unternehmer in diesem Jahr den Mittelstandspreis verleiht -, die Gewerbesteuer abzuschaffen, ist einer der intelligentesten Vorschläge der Politik in diesem Jahr. Diese Steuer ist im Grunde genommen sehr ungerecht: Sie differenziert nach dem Firmengewinn und dient angeblich der „Inanspruchnahme der Infrastruktur der Gemeinde“. Ich beriet einmal eine japanische Firma, die sich in den neuen Bundesländern ansiedeln wollte. Die Unternehmer haben die Gewerbesteuer nicht verstanden. Wenn es eine lokale Zusatzsteuer gäbe, die für alle zu zahlen ist, das wäre erträglich. Jetzt ist es jedoch so, daß die Gewerbesteuer Innovationen hemmt. Ich bin selbst an einem Bauträger beteiligt; da müssen Sie bei Kreditaufnahme die Zinsen der Gewerbesteuer zur Hälfte unterwerfen. So kann man zum Beispiel im Immobilienbereich nicht expandieren, wenn große Teile der Wohnungen nicht vermietet sind, ich aber trotzdem meine Gewerbesteuer zu entrichten habe. Wenn wir dagegen das Modell vom Bundesverband Deutscher Industrie (BDI) stellen, wo alle gut verdienenden bezahlen, ist nichts einzuwenden. Wir meinen, eine Bürgersteuer nach dem BDI-Modell kann von allen akzeptiert werden, weil auch wir wissen, daß die Kommunen Geld benötigen. Jedoch gibt es selbst unter den Freiberuflern, die nun einbezogen werden sollen, ganz „gerechte“ Ansätze. Wenn z. B. ein freiberuflicher Schriftsteller im Jahr über 500.000 Euro verdient, kann er auch ruhig etwas mehr an die Gemeinschaft abgeben. Wir sollten aber immer an die Kleinen denken und daran, daß die nicht im Handumdrehen das Land verlassen können, wenn der Formularkrieg und die „Zerwaltung“ des Landes gerade wieder überhandnehmen. Ein Freibetrag für die Freiberufler von mindestens 150.000 Euro pro Jahr wäre gerechtfertigt. Dipl. Ing. Hermann Sturm ist Vorsitzender der Union Mittelständischer Unternehmen e. V. (UMU). Die deutschen Kommunen befinden sich seit einigen Jahren in der schwierigsten Finanzsituation seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Das Gesamtdefizit beläuft sich inzwischen auf zehn Milliarden Euro. Zur Lösung dieses Problems hat der Bund die Gemeindefinanzreformkommission eingesetzt. Die Experten aus der Kommission haben sich überwiegend für das kommunale Modell einer modernisierten Gewerbesteuer ausgesprochen. Das Modell beinhaltet eine dringend erforderliche Stabilisierung der kommunalen Steuerbasis. Dies wird erreicht durch die Einbeziehung der Freiberufler und eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage. Das kommunale Modell führt zu mehr Steuergerechtigkeit, indem eine größere Anzahl von Unternehmen einen Beitrag zur Finanzierung der kommunalen Infrastruktur leisten, die von allen Betrieben genutzt wird. Durch die Absenkung der Gewerbesteuermeßzahlen sinkt auch die Belastung des einzelnen Unternehmens auf ein verträgliches Maß. Kleinere Betriebe werden im Kommunalmodell durch Freibeträge besonders begünstigt. Die Abschaffung der Gewerbesteuer würde das Band zwischen Kommunen und Wirtschaft nachhaltig trennen, weil sich die Unternehmen nicht mehr an der Unterhaltung und Schaffung der von ihnen genutzten Infrastruktur beteiligen. Das von der Industrie favorisierte Modell eines Zuschlagsrechts auf die Einkommen- und Körperschaftssteuer würde zu einer Verlagerung der Belastungen von den Unternehmen auf die Arbeitnehmer führen und damit auch das angestrebte Vorziehen der Steuerreform konterkarieren. Wenn wir heute nicht die Grundlage für eine Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung legen, werden wir morgen nicht mehr in der Lage sein, die dringend notwendigen Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft zu tätigen. Christian Schramm ist Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, des Sächsischen Städte- und Gemeindetages und Oberbürgermeister von Bautzen.