Blut- und Tränen-Reden kommen in schlechten Zeiten beim Wahlvolk an. Man möchte sich zumindest im Kollektiv wiederfinden, wenn durch die bedrückende öffentliche Haushaltslage ein noch enger geschnallter Gürtel gefordert wird. So verzeiht der Bürger auch, daß trotz seiner immer höheren Steuerlast Straßen zu Holperpisten verkommen oder Schwimmbäder und Büchereien geschlossen werden. Offiziell bekunden auch Vertreter der Politiker-Kaste, wie wichtig „ein demonstratives Zeichen“ sei, indem auch „die Abgeordneten zur notwendigen Begrenzung von Ansprüchen an den Staat und die öffentlichen Finanzen einen Beitrag zu leisten haben“. Daß genau diesen Worten der schleswig-holsteinischen SPD-Vertreter im Bundestag Franz Thönnes und Ernst Rossmann nur ein Tag später ein „Eckpunktepapier“ zur Diätenreform ihrer Kieler Kollegen folgte – hierin in trauter Übereinstimmung mit der CDU-Opposition -, ist an Verhöhnung des Wählers kaum noch zu überbieten. Statt einer Null-Runde haben sich die Damen und Herren im Kieler Landtag mit dem Hinweis, daß einige Zuschläge wegfielen, eine Erhöhung der Bezüge und der „Altersentschädigung“ um 45 Prozent auf 6.518 Euro „Grundentschädigung“ und ab 2004 höhere Pensionen um 25 Prozentgenehmigt, bei der selbst dem dreistesten Gewerkschaftsfunktionär die Spucke wegbliebe. Da in der Zukunft kaum mit höheren Einnahmen zu rechnen ist, kann vielleicht die angekündigte Kürzung des Weihnachtsgeldes bei Polizisten und Krankenschwestern diesen Mehraufwand ausgleichen.