BONN. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat ermittelt, daß durch Einwanderung bis zum Jahr 2045 über neun Millionen Menschen mehr in Deutschland leben werden. „Dies entspricht einem durchschnittlichen Jahreswert von rund 400.000 Personen“, wie die Demographen des BBSR in ihrer „Raumordnungsprognose 2045“ genannten Studie mit Blick auf die erwartete Nettozuwanderung feststellten.
Die Wissenschaftler verwendeten in diesem Zusammenhang den Ausdruck „Außenwanderungsüberschuß“, der die Zahl der Zuwanderer zu derjenigen der Auswanderer in den unterschiedlichen Landkreisen Deutschlands ins Verhältnis setzt. Die Zahl der in insgesamt Deutschland lebenden Menschen erhöht sich den Statistikern zufolge von 2021 bis 2045 daher – und der aufkommenden Sterbefälle wegen – „nur“ auf 85,5 Millionen.
Vor allem Westdeutschland zieht Migrationsströme auf sich
„Viele Menschen werden weiterhin aus verschiedensten Gründen aus vielen Teilen der Welt nach Deutschland kommen“, kommentierte der Leiter der mit der BBSR-Studie betrauten Abteilung, Peter Jakubowski. Ohne Einwanderung läge die Bevölkerungszahl in Deutschland „deutlich niedriger“, da die Zahl der Sterbefälle die der Geburten „bei weitem“ übersteige.
Betroffen seien von der Migration alle Landkreise in Deutschland. Allerdings würden sich aller Voraussicht nach im Jahresdurchschnitt rund 81 Prozent der Einwanderer ihren Wohnsitz in den alten Bundesländern suchen, während in die neuen Bundesländer künftig wahrscheinlich um die 19 Prozent der Migranten zögen.
BBSR-Prognose nur aufgrund hoher Zuwanderungszahlen erstellt?
„Seit der letzten BBSR-Bevölkerungsprognose aus dem Jahr 2021 haben sich einige demographische Rahmenbedingungen in Deutschland erheblich verändert, vor allem im Kontext der Zuwanderungen aus dem Ausland“, hob das BBSR in seiner Prognose hervor. Während in der alten Prognose für die Jahre 2018 bis 2022 noch Außenwanderungsgewinne von 1,4 Millionen Menschen unterstellt wurden, waren es tatsächlich 2,7 Millionen.
„Diese grundlegenden Veränderungen haben das BBSR veranlaßt, für alle Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland eine neue Bevölkerungsprognose bis 2045 zu berechnen.“ Ohne die massiven Einwanderungszahlen hätte es also überhaupt keine neue Studie des Bundesinstituts gegeben.
Niedrige Geburtenraten begleiten hohe Sterbezahlen
Der prognostizierte Bevölkerungszuwachs auf bis zu 85,5 Millionen Einwohner hierzulande leite sich großteils vom Faktor „Migration“ ab. Dennoch wirkten sich auch Geburtenraten und Sterbeüberschüsse prägend auf einzelne Regionen aus. Der drastische Bevölkerungsschwund in vielen ostdeutschen Landkreisen gehe beispielsweise vor allem auf die dortigen Sterbeüberschüsse zurück.
„Deutschlandweit wird die Zahl der Todesfälle bis 2045 die Zahl der Geburten um 6,1 Millionen übersteigen“, konstatierten die Wissenschaftlerin diesem Zusammenhang. Bilanzierend lasse sich sagen, daß sich die Bevölkerungszunahmen auf Zuwanderung, die Bevölkerungsabnahmen hingegen auf Sterberaten zurückführen ließen.
Ostdeutschland altert – Westdeutschland wächst
Neben den Daten zur Zuwanderung formulierte das BBSR in seiner Studie auch Erkenntnisse zur sonstigen Entwicklung der deutschen Gesellschaft. Auch in Sachen Überalterung: Vor allem die neuen Bundesländer würden bis 2045 insgesamt älter werden. So werde das Durchschnittsalter der Menschen in diesem Zeitraum im thüringischen Greiz beispielsweise auf 50 Jahre ansteigen. Dennoch senke die Sterbequote gleichzeitig die absolute Zahl älterer Menschen in ostdeutschen Landkreisen.
Mit Blick auf die Veränderungen innerhalb der erwerbsfähigen Bevölkerung zeige sich unterdessen, daß diese für immer mehr Jugendliche und Alte zu sorgen habe. „Nach den Berechnungen des BBSR werden langfristig immer mehr jüngere und ältere Menschen auf hundert Erwerbsfähige kommen“, schrieben die Statistiker in ihrem Prognosepapier.
Auch hier seien es die ostdeutschen Landkreise Greiz, Spree-Neiße, Elbe-Elster sowie Altenburger Land, in denen 2045 mit mehr als 90 jüngeren und älteren Menschen überdurchschnittlich viele „Nichterwerbsfähige“ auf hundert Erwerbsfähige kämen. „In vielen westdeutschen Kreisen wird dieser Wert zur selben Zeit immer noch weit unter 60 liegen“, betonten das BBSR. Allgemein seien die alten Bundesländer weniger von den Schrumpfungstendenzen in der Bevölkerung betroffen – Wachstums- und Verjüngungseffekte würden sich am ehesten noch in westdeutschen Metropolregionen zeigen.
„Regionale Disparitäten“ nehmen immer krassere Ausmaße an
Generell würden vor allem die Bevölkerungsgruppen anwachsen, die im Fokus der Sozialpolitik stünden. Bei all diesen Entwicklungen spielten „regionale Disparitäten“ eine erhebliche Rolle. Die Bevölkerungszahl zentral gelegener und strukturstärkerer Orte werde sich voraussichtlich weitaus günstiger entwickeln als die ohnehin schon peripher gelegener und strukturschwacher Landstriche.
Die „Bevölkerungsprognose 2045“ beruhe auf Berechnungen, die vom Basisjahr 2021 ausgingen. Für dieses lägen die erforderlichen Daten in ausreichendem Umfang vor. (fw)