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Das Scheitern der Konterrevolution

Das Scheitern der Konterrevolution

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Das Scheitern der Konterrevolution

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Heute jährt sich der Kapp-Putsch zum 92. Mal. In sozialen Netzwerken wie Facebook ergehen sich rechte Einzelpersonen und Gruppen darin, die wohlbekannten Bilder von Angehörigen der Marinebrigade Ehrhardt mit Transparenten à la „Halt! Wer weitergeht, wird erschossen!“ hochzuladen.

Digitale Träume von militanten Zeiten

Hohe Konjunktur hat – warum nur? – auch die zeitgenössische Schlagzeile des Berliner Lokal-Anzeigers: „Umsturz in Berlin. Ein Ultimatum an die Regierung. Die Regierung geflüchtet.“ Ich, der ich vor längerer Zeit in einem Geschichtsseminar eine Hausarbeit über die geheimnisumwitterte „Organisation Consul“ angefertigt habe, denke automatisch weiter.

Nach dem mißlungenen Kapp-Putsch dauerte es eineinhalb Jahre bis zum Attentat auf Matthias Erzberger; zehn Monate später war Walther Rathenau tot. In den autobiographischen Werken des für unsereins unvergeßlichen Ernst von Salomons findet sich viel darüber, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Lenkung oder zumindest Duldung der „O.C.“ durch staatliche Stellen. Ein Schelm, wer heutzutage Böses dabei denkt …

Menschen inmitten von Ruinen – eine Sehnsucht?

Was aber ist letztlich für viele noch immer derart faszinierend am ziemlich kläglich gescheiterten Versuch eines gewaltsamen Umsturzes gegen die Weimarer Republik? Auf der Winterakademie des Instituts für Staatspolitik am vergangenen Wochenende, die sich mit der Frage nach dem Wesen der „Macht“ befaßte, stellte Erik Lehnert den Kapp-Putsch und ähnliche Bestrebungen in der deutschen Zwischenkriegszeit unter die Überschrift „Versuche der Wiederholung von 1806“.

Gemeint ist die preußische Niederlage gegen das napoleonische Heer, die in letzter Instanz durch die preußischen Reformen und eine rigide Staatsphilosophie (siehe Fichte) den Keim der nationalen deutschen Wiedergeburt schon in sich trug. Letztlich steht dahinter die grundsätzliche Annahme, daß es für einen fundamentalen Umschwung – deutlich mehr also als die vielbemühte „Tendenzwende“ – letztlich quer durch die Menschheitsgeschichte immer erst einen Zustand des tabula rasa braucht, um einem „objektiven Gegengeist“ den Durchbruch zu ermöglichen.

„Reichsdeutsche Soldaten schützen Demokraten“

Was also ist‘s mit dem heutigen Tag? Letztlich nicht allzuviel; wer geschichtlich interessiert ist und/oder im vergangenen Jahr den sehr guten Fernsehfilm „Die Konterrevolution“ angeschaut hat, weiß darum, wie erbärmlich die putschenden Freikorps letztlich am Generalstreik der Gewerkschaften gescheitert sind – und das wohlgemerkt in einer Republik, deren politische Kaste angesichts der ersten aufmarschierenden Rechten in heilloser Flucht davongestoben war.

Es gibt also im Grunde nicht allzuviel, an das man heute erinnern könnte, ohne gleichzeitig an die geradezu phantastischen Möglichkeiten „zivilen Ungehorsams“ zu gemahnen. Da das aber eine Vokabel ist, die heutzutage die „Kameraden von der anderen Feldpostnummer“ für sich reklamieren, schmeckt es recht bitter, an die Umsturzversuche der Zwischenkriegszeit zurückzudenken.

Voller Bauch rebelliert nicht gern

Vor 92 Jahren brauchte es keine Soldaten, um die staatliche Souveränität aufrecht zu erhalten. Anders war es bei der Novemberrevolution Ende 1918 oder beim Marsch eines Exilösterreichers durch München 1923. Und heute? Heute bräuchte es wohl nicht einmal mehr einen Generalstreik oder die restaurative Agitation der „Systemmedien“. Allein das Zusammensammeln von „einigen zwanzig Mann“ (von Salomon), die bereit wären, zu gegebener Zeit aufzustehen, dürfte sich über Jahre hinziehen.

An einem Volk, das am Sessel klebt, kann man sich letztlich nur die Zähne ausbeißen (oder wahlweise die Finger wundschreiben) – daß die Linken mit ihren „unsichtbaren Komitees“ und „revolutionären Zellen“ vor demselben Problem stehen, ist ein schwacher Trost. Da denke man lieber an Gustav Falke und seine Zeile „Kampf hält die Kräfte rege“ – speziell, wenn es der geistige ist.

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