Ausgerechnet über dem Sonnenland Zypern liegt mitten im Sommer ein tiefer Schatten: die Ankündigung des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, die zypriotische EU-Ratspräsidentschaft im nächsten Jahr nicht anzuerkennen und für sechs Monate die europäischen Institutionen zu boykottieren.
Ginge es nur um die Beitrittsverhandlungen mit Ankara, könnte man aus dieser Drohung sogar Hoffnung schöpfen: Es ist höchste Zeit, den illusionären und für beide Seiten verhängnisvollen Prozeß zu stoppen, der nach wie vor von einer EU-Vollmitgliedschaft der nichteuropäischen Türkei ausgeht. Diese würde die EU massiv desintegrieren und die Türkei destabilisieren.
Intensive Bemühungen um Ankara sind geboten
Echte Partnerschaft ist geboten. Doch genau die gefährdet jetzt Erdogan mutwillig, obwohl sie für den Friedensprozeß auf Zypern und die geopolitischen Interessen beider Seiten in der arabischen Welt dringender gebraucht wird denn je. Die Antwort kann nur lauten: Endgültiges Nein zum türkischen Beitritt, aber intensive Bemühungen, um Ankara wieder auf den Weg einer verantwortungsvollen Außenpolitik zu führen, die es als eigenständige Macht besser entwickeln kann dann als Randgebiet unserer europäischen Föderation, die ihrerseits dringend der Festigung bedarf.
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Bernd Posselt ist außenpolitischer Sprecher der CSU im Europaparlament
JF 31-32/11