BERLIN. Die Äußerungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Arbeitsmoral in südeuropäischen Ländern sind auf scharfe Kritik gestoßen. SPD-Parteichef Sigmar Gabriel warf Merkel vor, auf Populismus und Stimmungen statt auf sachliche Argumente zu setzen.
„Damit schürt sie anti-europäische Ressentiments, statt endlich Verantwortung für Europa als Ganzes zu übernehmen“, sagte Gabriel Spiegel Online. Der Vorsitzende der größten portugiesischen Gewerkschaft CGTP, Manuel Carvalho, bezeichnete die Äußerungen der Kanzlerin als eine neue Form des „Kolonialismus“.
Merkel hatte zuvor kritisiert, es könne nicht sein, daß Menschen in Ländern wie Griechenland, Portugal und Spanien früher in Rente gingen, als die Deutschen und dabei noch ein höheres Urlaubspensum hätten. Während Deutschland Vollzeitbeschäftigten mindestens 20 Urlaubstage garantiert, sind es in Griechenland 25.
Wirtschaftsrat fordert für Deutsche Rente mit 69
Unterdessen ist in Deutschland eine Debatte um das künftige Renteneintrittsalter entbrannt. Die fünf Wirtschaftsweisen des Wirtschaftssachverständigenrates forderten die Bundesregierung auf, die Rente mit 69 durchzusetzen. Andernfalls sei die deutsche Staatsverschuldung nicht mehr zu kontrollieren, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Wolfgang Franz.
Zudem müsse das deutsche Sozial- und Rentensystem von Grund auf reformiert werden. Die beschlossene Rente mit 67 könne dafür nur der Anfang sein, sagte Franz. Das Renteneinstiegsalter in Griechenland, Portugal und Spanien liegt derzeit bei 65 Jahren.
Unterstützung für die Forderung der Wirtschaftsweisen kam vom neuen Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP): Die Sozialsysteme müßten fitter werden, sagte der FDP-Vorsitzende. Zudem solle Deutschland künftig stärker auf Zuwanderung setzen. (ho)