FRANKFURT/MAIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihre Kritik an den Äußerungen von Thilo Sarrazin verteidigt. Sie habe sich zu Wort gemeldet, weil sie der Überzeugung sei, daß der Kern seiner Aussagen es schwerer mache, Integrationsprobleme anzupacken, sagte Merkel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Sie habe zwar Sarrazins Buch nicht gelesen, aber die vorab veröffentlichten Auszüge hätten ausgereicht, „Kern und Intention seiner Argumentation zu erfassen“, begründete die Kanzlerin ihre Ablehnung.
Das Thema Integration sei ihr sei langem ein Herzensanliegen, sagte Merkel. Die Union habe dafür gesorgt, daß die „naive Multikulti-Haltung von Rot-Grün“ überwunden worden sei. Man habe die Einbürgerungstests eingeführt und die Integrationsbeauftragte als Staatssekretärin im Kanzleramt angesiedelt. Dennoch gebe es auf einigen Gebieten noch Nachholbedarf, dies dürfe nicht beschönigt werden, forderte Merkel.
Auflage von Sarrazin-Buch bei 650.000
Andererseits müsse man auch akzeptieren, daß sich Deutschland weiter verändern werde. „Wir haben uns viele Jahre darüber Illusionen gemacht. Moscheen etwa werden stärker als früher ein Teil unseres Stadtbildes sein“, prophezeite die Kanzlerin.
Unterdessen wurde am Sonnabend bekannt, daß Bundespräsident Christian Wulff Sarrazin aus dem Amt als Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank entlassen hat. Sarrazin sagte laut der Nachrichtenagentur dpa, für ihn sei das Thema damit erledigt. Nach Angaben der FAZ erreichte sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ zum Wochenende eine Druckauflage von 650.000 Stück. (krk)
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