POTSDAM. Ehemalige Häftlinge des sowjetischen Geheimdienstes NKWD haben am Donnerstag in Potsdam mit einer Mahnwache vor dem früheren Untersuchungsgefängnis in der Leistikowstraße gegen eine Verharmlosung ihrer Leiden protestiert.
Sie werfen der Leitung der in dem Gefängnis untergebrachten Gedenkstätte vor, daß die deutschen Opfer des NKWD in der geplanten Dauerausstellung lediglich als Randerscheinung des Sowjetterrors vorkommen würden. Ihr Leiden käme dadurch nicht ausreichend zur Geltung.
Die heute hochbetagten Männer, die meist als Jugendliche monatelang in dem Gefängnis gefoltert und danach zu mehrjähriger Zwangsarbeit in der Sowjetunion verurteilt wurden, fühlen sich von der Gedenkstättenleitung als Zeitzeugen nicht angemessen gewürdigt.
Gedenkstättenleitung verwahrt sich gegen Vorwürfe
Die Leiterin der Gedenkstätte in der Leistikowstraße, Ines Reich, und der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Günter Morsch, wiesen die Vorwürfe als unbegründet zurück. Die Projektgruppe, die die Dauerausstellung vorbereitet, halte zu den ehemaligen Häftlingen regelmäßig Kontakt und führe intensive Gespräche. Überdies habe man auf Wunsch der überlebenden Gefängnisinsassen einen provisorischen Betrieb der Gedenkstätte eingerichtet. Die Historiker müßten aber nun „in Ruhe“ arbeiten dürfen.
In dem noblen Villenviertel am Potsdamer Pfingstberg befand sich von 1945 bis 1983/84 das zentrale Untersuchungsgefängnis der sowjetischen Spionageabwehr. Von 1997 bis 2008 wurde von Memorial Deutschland, einer international tätigen gemeinnützigen Organisation zur Erinnerung an die Opfer des Stalinismus, eine Ausstellung in dem geschichtsträchtigen Haus angeboten, die auf gute Resonanz bei den Besuchern stieß.
Danach übernahm ein Verein, die Stiftung Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße, die Verwaltung der Einrichtung. Seitdem streiten sich Gedenkstättenleitung und der Opferverband um ihre unterschiedlichen Ansprüche an dem Gedenkstättenbetrieb. (hel)
> Die Gedenkstätte im Internet
Ein ausführlicher Bericht erscheint in der kommenden Ausgabe der JUNGEN FREIHEIT