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Tiefpunkt Brüsseler EU-Gipfel

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Ungeachtet der Frage, welche faktischen Konsequenzen die von Tschechiens Präsidenten Václav Klaus durchgesetzte Geltungsbeschränkung der Grundrechtecharta der EU wirklich zeitigt, bleibt nach dem „Deal“ mit Klaus im Stile orientalischen Basargefeilsches mehr als nur ein schaler Nachgeschmack zurück. Die EU hat sich nicht nur neuerlich von einem einzelnen Mitglied am Nasenring herum- und vorführen lassen.

Sie hat, und das wiegt viel schwerer, den Fortbestand der sogenannten „Benesch-Dekrete“ der Jahre 1940–1945, mit denen die systematische Entrechtung und indirekt auch die Austreibung der Sudetendeutschen (nachträglich) gerechtfertigt wurden, einmal mehr anerkannt. Nach der weitgehenden Austreibung der Sudetendeutschen, so bleibt zu ergänzen, erließ die Tschechoslowakei überdies ein Gesetz (Nr. 115/1946), das Vertreibungsverbrechen bis zum 28. Oktober 1945 straflos stellte. 

Besondere Kennzeichnung der Sudetendeutschen 

Nun kann man argumentieren, daß all diese Fragen bereits bei den Verhandlungen mit Tschechien über die Aufnahme in die EU hätten angesprochen werden müssen, was, sieht man von wenigen Stimmen in der CSU ab, unterblieben ist, und zwar auch und gerade, wen wundert’s noch, von deutscher Seite. Diese verweist statt dessen unablässig darauf, daß es keine „Ansprüche“ von deutscher Seite gebe und unterläßt es als größter Beitragszahler der EU, die offizielle Distanzierung Tschechiens von diesen Dekreten mit Vehemenz einzufordern.

Es muß in diesem Zusammenhang auch, neben den furchtbaren Umständen der Austreibung, daran erinnert werden, daß Sudetendeutsche nach Kriegsende in der Tschechoslowakei nach dem Vorbild der NS-Judenpolitik behandelt wurden, wozu die besondere Kennzeichnung mit gelben oder weißen Armbinden oder weißen Stofflicken mit der Kennzeichnung (N = Neme?/Deutscher) genauso gehörte, wie die Angleichung der Verpflegungssätze an die für die Juden im Dritten Reich festgesetzten Rationen; ganz zu schweigen von den unbeschreiblichen Zuständen, die in tschechischen Internierungslagern herrschten.

Das alles kann im übrigen im Detail zum Beispiel in der „Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa“ (Band 4, Teil 1+2: Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei) nachgelesen werden, die 1957 vom Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte herausgegeben wurde.

Postengeschachere nach Klaus’ Einlenken

Nach dem nun zu erwartenden „Einlenken“ von Klaus ist der Weg also frei für ein undurchsichtiges Vertragsdickicht, das sich Lissabonner Vertrag nennt. Entsprechend groß war die Feierlaune auf dem EU-Gipfeltreffen in Brüssel, das ansonsten ganz im Zeichen des großen Postengeschiebes stand. Es müssen ja Kompromißkandidaten, meist Politiker, die ihre beste Zeit längst hinter sich haben, gefunden werden, die diese EU „repräsentieren“ sollen. Ob das nun Blair, Juncker oder andere, angeblich „verdiente Europäer“ sein werden, spielt eigentlich keine Rolle.

Welche Konsequenzen mit dem Lissabonner Vertrag im einzelnen verbunden sein werden, mag an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall ist ein weiterer Meilenstein auf dem gewollten, „irreversiblen“ Weg zur immer weitergehenden Entmachtung der nationalen Parlamente erreicht, getreu dem Motto „Alle Macht den (EU-)Kommissaren!“.

Vertriebene Deutscher Europäer zweiter Klasse

Von diesem emsigen Postengeschachere, dieser Sich-selbst-Abfeierei nebst Dauergegrinse und von diesem ständigen Verweisen auf angebliche, fragwürdige „Errungenschaften“ (eignet sich gut zum Unwort des Jahres …) kann man sich nur noch mit Grausen abwenden.

Diese EU mit ihrem Zahlmeister Deutschland an der Spitze, der vertriebene Deutsche mehr oder weniger widerspruchslos als Europäer zweiter Klasse hinzunehmen bereit ist, hat einen moralischen Tiefpunkt erreicht. Die Sektkorkenknallerei beim letzten Gipfeltreffen paßt hierzu deshalb nur zu gut ins Bild. 

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