Lange glaubten viele Deutsche, daß ihre Rente sicher sei. Doch das Vertrauen bröckelt angesichts der sinkenden Zahl von Beitragszahlern stetig. Mit der jetzt von der Großen Koalition beschlossenen Rentengarantie soll sich dies ändern.
Vereinfacht besagt diese, daß die Renten steigen, wenn die Löhne steigen. Gleichzeitig sinken die Renten aber nicht, wenn die gesamte Lohnsumme durch abnehmende Beschäftigungszahlen oder geringere Löhne zurückgeht. Doch wonach richtet sich die Rentenhöhe? Die gesetzliche Rentenversicherung erkennt bis zu 46 Jahre mit Pflichtbeiträgen an. Die Beiträge richten sich nach dem Einkommen und nach dem Beitragssatz (2009 19,9 Prozent). Diese tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab 800 Euro Bruttomonatseinkommen je zur Hälfte. Der von Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine gerne angeführte Rentner, der mit 12.000 Euro Jahreseinkommen nach 46 Jahren 2009 in Rente geht, hat von 1964 bis 2009 66.136,99 Euro gezahlt. Seine monatliche Bruttorente beträgt bei einem Rentenniveau von 45 Prozent 437,92 Euro. Nach 12,59 Jahren hat der Rentner sein eingezahltes Geld zurückerhalten. Nach einer durchschnittlichen Rentenbezugsdauer von 20 Jahren hat er sogar 105.000 Euro ausgezahlt bekommen. Dies entspricht einem Gewinn von 38.963,01 Euro. Bei größeren Einkommen ist der Gewinn entsprechend höher. Bei Höchstbeitragszahlern sind dies über 247.385 Euro an Gewinn nach 20 Jahren. Die heutigen Rentner bekommen mehr ausgezahlt, als sie ihr Leben lang eingezahlt haben.
Hinzu kommt ein weiteres Problem: Jährlich wandern rund 160.000 Deutsche aus. Die Hälfte von ihnen, meistens vollausgebildete Akademiker, ist keine 35 Jahre alt. Sie beteiligen sich weder durch Sozialbeiträge noch durch die Lohnsteuer, die für den jährlichen Bundeszuschuß in Höhe von etwa 80 Milliarden Euro an die Gesetzliche Rentenversicherung verwandt wird, an der Finanzierung der Renten ihrer Eltern oder der Rückzahlung der Kosten fürs Studium.
Wie ist die Rentengarantie also zu bewerten? Rentenerhöhungen und Rentengarantie sind ein Zwischenschritt zur Mindestrente. Einige Unions-Sozialpolitiker träumen entgegen der Gesetzeslage von einer Rentenversicherung, in der diejenigen, die lange eingezahlt haben, unabhängig vom Einkommen mehr ausgezahlt bekommen, als diejenigen die wenige Jahre eingezahlt haben und durch die Grundsicherung auch eine Rente erhalten.
Da die SPD für ihre Klientel in einigen Berufssparten einen Mindestlohn durchgesetzt hat, ist von der CDU eine Mindestrente zu erwarten. Entsprechende Forderungen gibt es bereits: Der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) träumt von etwa 1.000 Euro monatlich nach 45 Beitragsjahren. Für diese Rentenhöhe sind von den Nutznießern die entsprechenden Beiträge nie gezahlt worden. Wenn diese aus Steuern bezahlt würde, müßten diese entsprechend erhöht oder die Staatsverschuldung weiter vorangetrieben werden. Bei 20 Millionen Rentnern, erhalten 53 Prozent der Rentner (5,3 Millionen Wähler) und 96 Prozent der Rentnerinnen (9,6 Millionen Wählerinnen) maximal 1.050 Euro Rente. Bei 14,9 Millionen Renten sind monatlich über acht Milliarden monatlich, rund 100 Milliarden jährlich für die Erhöhung des Zahlbetrages zu finanzieren. Die Arbeitgeberanteile der Rentenversicherung zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner von knapp acht Milliarden jährlich fallen auch an. Eine Erhöhung der staatlichen Transferleistung ist ein ordnungs- und währungspolitischer Sündenfall, der eine entsprechende Inflation zur Folge haben wird. Je mehr Schulden für Konsum aufgenommen werden, um so mehr sinkt die Geldwertstabilität, wenn dem keine neue Wertschöpfung durch Erwerbstätige gegenübersteht. Deren Zahl sinkt bis 2050 um sieben Millionen.
Ein solcher Schritt hätte also gravierende Folge für die folgenden Generationen, die auf Jahrzehnte im Gestaltungsspielraum ihrer grundlegenden Belange durch die finanziellen Belastungen massiv eingeschränkt wären. So sehr die Union es auch zu vermeiden versucht, wäre es daher an der Zeit, im anstehenden Bundestagswahlkampf über richtungweisende Fragen der Rentenpolitik zu diskutieren.
Denn wie für die Rentenversicherung ein höheres Minimum geplant ist, wird die Politik entsprechende Standards zuerst in der gesetzlichen Krankenversicherung und dann auch in der gesetzlichen Pflegeversicherung einführen wollen. Es ist gesellschaftspolitisch jedoch äußerst problematisch, die jetzt 50 bis 72 Jahre alten Bürger derart zu bevorzugen. Die Jüngeren werden zurecht auf die daraus resultierenden Lasten hinweisen. Vor diesem Hintergrund ist es weder den Familien noch den wirtschaftlichen Leistungsträgern klarzumachen, warum sie in Deutschland bleiben sollen, wenn ihre Lebenschancen im Ausland häufig besser sind, etwa weil der Staat ihnen dort mehr Netto vom Brutto läßt.