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Mit einem Reigen von sage und schreibe zehn Ausstellungen, einem wahren „Ausstellungsfestival“, gehen die Staatlichen Museen Berlins in die Wintersaison. Im Zentrum steht dabei die Alte Nationalgalerie als „Hauptbühne für den großen ‘Ring’“, wie man — mit gestischem Anklang an Richard Wagners kolossales Musikdrama von Weltgeburt, Untergang und Erlösung — dort selbstgefällig verkündet. Hier starteten im Oktober die Themenschauen „Im Tempel der Kunst. Die Künstlermythen des 19. Jahrhunderts“ und „Hans von Marées — Sehnsucht nach Gemeinschaft“, ergänzt durch den Romantikerbeitrag: „Karl Friedrich Schinkel und Clemens Brentano — Wettstreit der Künstlerfreunde“. Die Filiale für zeitgenössische Kunst, der Hamburger Bahnhof, feiert unterdessen Joseph Beuys und Andy Warhol, „diskursanalytisch“ komplettiert durch Stücke aus der Flick-Kollektion, die den Künstlermythos „dekonstruieren“ sollen. Traditioneller geht es zu in der Kunstbibliothek, die mit ihrer „Idea“ (ab. 28. Oktober) das Kunstverständnis der Überlieferung motivlich durchdringt; zum Monatsende folgen Alberto Giacometti, Jeff Koons und Paul Klee nach. Mit diesem bunten Potpourri macht sich der scheidende Generaldirektor Peter-Klaus Schuster sein Abschiedsgeschenk. Während der letzten neun Jahre hat er in Personalunion als Chef der Nationalgalerie und Generaldirektor gemeinsam mit Klaus-Dieter Lehmann als Stiftungspräsident die Geschicke Berlins als Ausstellungs- und Museumsstadt maßgeblich bestimmt. Vordem in Hamburg und München, von 1994 bis 1997 bereits Direktor der Alten Nationalgalerie, fiel sein Eintritt in die Generaldirektion 1999 zeitlich zusammen mit der Aufnahme der Museumsinsel in die Welterbeliste der Unesco sowie der Verabschiedung des Masterplans, der für zunächst zehn Jahre ein Bauvolumen vorsah von einer Milliarde Euro. Unter Schusters Ägide konnten termingerecht dann 2001 die Alte Nationalgalerie und 2006 das Bode-Museum wieder geöffnet werden; 2009 wird das Neue Museum folgen, Neubauten sodann, bis 2015 auch die Generalsanierung des Pergamonmuseums zum Abschluß kommt. Dem nicht unumstrittenen Generaldirektor, der geschmäcklerisch-ironisch jahrelang tänzelnd seine rhetorischen Pirouetten drehte und mit einer seltsamen Mischung aus Traditionsverklärung, globalem Kulturpathos und zeitgeistiger Eventkultur der Öffentlichkeit seine protzigem Projekte moderierte, kommt immerhin ein Verdienst zu beim Reorganisieren der Berliner Sammlungen, ihrem baulichen und kulturpolitischen Anschluß zur Weltspitze. An seine Stelle treten in der Nationalgalerie Udo Kittelmann und als neuer Generaldirektor Michael Eissenhauer. Um seinen Abschied nun regenbogengleich zu illuminieren, werden die Sammlungen der Nationalgalerie in ihren drei Häusern kreativ aufgemischt: Gestaltung, Umgestaltung — des ewigen Sinnes ewige Unterhaltung. Es stellen sich nämlich die dröhnenden Ankündigungen als leichthändiges Bilderspiel heraus, als eine schlichte Neuhängung der Nationalgalerie. Dort hat jedes Exponat gewechselt — wie ein Satz Karten, der kräftig durchgemischt wird. Leihgaben von auswärts gibt es spärlich. Erfreulich hingegen, daß viele Stücke aus dem Magazin erlöst wurden, wo sie vor sich hinschmoren — die ärgerliche Kehrseite minimalistisch-musealer Darbietungsästhetik. So staunen nicht nur Besucher, vielmehr die Verantwortlichen selbst über ihre Schätze. Sie nutzen den Moment, sich und dem Publikum den Bestand perspektivisch neu zu erschließen. So wird ein Horizont aufgeblendet, dessen Signatur der scheidende Generaldirektor als sein Vermächtnis gedankenreich auszudeuten weiß. Dem postmodernen Zeithintergrund ebenso treu als der Stellung Berlins im globalen Kulturgefüge bewußt, mischt sein Rahmenthema Ironie und Pathos eigentümlich zu einem Themenkonzert, in dem Vergangenheitsbeschwörung und avantgardistisches Zeichengeflirr durcheinandergehen, explosive Entgrenzung und Heiligung der Form, verklammert nur mehr durchs Museum selbst als „ästhetischer Kirche der Nation“. Der „Kult des Künstlers“ und die alten „Künstlermythen“ erscheinen indes als Anachronismus, ging ihr elitärer Idealismus doch verloren im Strudel der Massengesellschaft. Ihr Ruhm mag immerhin ein plausibler Nachruf sein auf Europas Idee vom schöpferischen, welterobernden Subjekt und seiner einzigartigen Individualität. So pries unser Weltteil jahrhundertelang den Künstler als Prometheus, Genie oder Propheten. Zeigt sich dieser emblematisch um 1500 in der Florentiner Davidfigur Michelangelos, so verabschiedet er sich tragisch im amor fati Nietzsches um 1900. Denn dieser war wohl der letzte, der einen regelrechten „Kult“ initiiert hat. Es erscheint problematisch, diese ungeheure, doch erschöpfte Tradition heute fortzuschreiben und auf den postkünstlerischen Unterhaltungsbetrieb abzubilden. „An diesem kostbaren Gewebe mit Heilig- und Seligsprechungen, mit Verdammungsurteilen, Kunstskandalen und Hinrichtungen, mit Häretikern und Märtyrern, mit verkannten Genies und Künstlerfürsten, mit blendenden Schnellmalern und nützlichen Kunstfabrikanten (…) an den Rede- und Denkfiguren unseres Künstlerkultes (…) wirken und schreiben wir unverändert fort!“ so Schuster. Vorausgesetzt, der implodierende Subjektivismus der Gegenwart stünde ideell und institutionell noch im Kontinuum mit der Vergangenheit — was aus guten Gründen zu bezweifeln ist. Zumindest der Kenner wird in der Alten Nationalerie der von Bernhard Maaz entwickelten Systematik gern folgen und studieren, wie seine Leitmotive („Themen und Topoi. Der Künstler als Sozium und Individuum“, „Künstlernetzwerke und Bezugspunkte. Der Künstler im System“, „Einsamkeiten. Individuelle Wege“, „Künstlerfürsten und Selbststilisierungen. Extrovertierte Rollen“) den großartigen Sammlungsbestand neu durchdeklinieren. Es ist die Frage, ob es keine Kunst gibt, sondern nur Künstler, wie Schuster meint. Die utopischen Bilder Marées beschwören eine ideale Gemeinschaft, die den Menschen im Mythos harmonisieren und die Kunst zum zeitlosen Ausdruck tiefen Lebenssinns vollenden will. So gehören die hundert Gemälde und zahlreichen Zeichnungen des legendären Deutschrömers in der seit 1909 nun ersten Berliner Retrospektive zum unbestreitbaren Gewinn dieses Kunstherbstes.   Ausstellungen in Berlin Der Kult des Künstlers: Hans von Marées — Sehnsucht nach Gemeinschaft (bis 11. Januar 2009); Im Tempel der Kunst. Die Künstlermythen des 19. Jahrhunderts (bis 18. Januar 2009); Karl Friedrich Schinkel und Clemens Brentano — Wettstreit der Künstlerfreunde (bis 11. Januar 2009), alle in der Alten Nationalgalerie, Bodestraße 1-3 Hamburger Bahnhof: Beuys. Die Revolution sind wir (bis 25. Januar 2009); Celebrities. Andy Warhol und die Stars (bis 11. Januar 2009); „Ich kann mir nicht jeden Tag ein Ohr abschneiden“. Dekonstruktionen des Künstlermythos (bis 22. Februar 2009) Foto: Lovis Corinth, „Der geblendete Simson“ (Öl auf Leinwand 1912): Kult des Künstlers als Prometheus

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