Bier ist ein Lebensmittel wie Brot oder Milch – und da gilt bekanntlich der halbe Mehrwertsteuersatz“, erklärte der CSU-Bundestagsabgeordnete Herbert Frankenhauser gegenüber Bild. Vor dem Hintergrund der von der Union angekündigten Anhebung des Steuersatzes sprang ihm der wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Johannes Singhammer, bei: „Das wäre gut für Brauereien und Gaststätten.“ Denen geht es nämlich nicht so gut. Wenn es ums Bier geht, geht es in Deutschland um die Wurst. Der deutsche Biermarkt kränkelt, und der Bierkonsument scheint vom Aussterben bedroht. Seit Jahr und Tag gibt es zumeist nur schlechte Nachrichten zu vermelden. Ein jährliches Absatzminus jagt das nächste. Viele Brauereien stehen vor dem Aus, und in Bremen ging gar die Ära der Beck’s-Brauereipferde aus Kostengründen zu Ende. Der klassische Biertrinker ist auf dem Rückzug Das vormalige Lieblingsgetränk der Deutschen wird mehr und mehr mit Mißachtung gestraft. Der Pro-Kopf-Verbrauch ist seit den siebziger Jahren von 150 Litern jährlich auf 113 Liter zurückgegangen, parallel dazu der Bierausstoß in den letzten zehn Jahren um elf Prozent. Die Deutschen trinken also immer weniger Bier – könnte man meinen. Doch das sieht der Chef der erfolgreichen Öttinger-Brauerei, Günther Kollmar, etwas anders: „Die Bevölkerung in Deutschland wird weniger, nicht der Bierkonsum. Außerdem leben hier immer mehr Menschen aus anderen Kulturen, die auch andere Trinkgewohnheiten haben. Ein türkischer Mitbürger zum Beispiel, der geht morgens nicht zum Frühschoppen.“ Der demographische Faktor setzt also auch dem Bierabsatz ordentlich zu. Der Anteil der jungen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung schrumpft, und die Zahl der älteren Menschen, die weniger Bier trinken, steigt. Der klassische Biertrinker ist auf dem Rückzug, und die wechselfreudigen jungen Erwachsenen mit ihren veränderten Trinkgewohnheiten halten Einzug. Auch die schleppende Konjunktur mit ihrer „Geiz ist geil“-Mentalität sowie die Alkoholpolitik auf europäischer Ebene (Werbeverbote, Steuererhöhungen, Warnhinweise) bereiten den deutschen Brauern Sorgen. Vor allem die sogenannten Hartz-IV-Biere, die im Kampfgetümmel des Lebenmittelhandels mit Billigpreisen (4,99 Euro pro Kiste) locken, machen es den Regional- und Premium-Marken schwer. Und so setzen sie auf Innovation und Werbung. Immer auf der Suche nach dem neuen Trend und neuen Konsumentengruppen sind die groß angelegten Werbekampagnen für neue Trend-Biere kaum noch zu überbieten. Besonders gewieft zeigte sich jüngst die Kölner Privatbrauerei Gaffel. Die startete mit www.internetbier.de ein neues Angebot. So wird das „Kultbier“ namens „1396“ ab sofort „bequem per Post geliefert“. Wozu auch noch schwere Kisten schleppen? Bier ist seit langem ein Spiegel der Gesellschaft: Milder Geschmack, leichte Bierkisten – und wenn man gar keine Lust auf Bier verspürt, aber trotzdem eins trinken will, greift man eben zum Biermischgetränk. Bier mit Pfirsich, Kirsche, Koffein, Banane, Mineralien oder Gurke. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt – ebensowenig wie bei der Namensgebung: „Veltins Energy“, „Warsteiner HiLight“ oder „Bit Sun“, um nur einige Trendsetter zu nennen. Die Suche nach dem Trend gegen den Trend Die Suche nach dem Trend gegen den Trend ist en vogue, und so rettet Krombacher den Regenwald. Bitburger kümmert sich um die Sanierung alter Bolzplätze, während sich Löwenbräu mit 50 Cent pro verkauftem Kasten um den Schutz bayerischer Quellen verdient macht. Doch das „Saufen für den guten Zweck“ muß nicht immer zum Ziel führen, und so ist man auch beim Deutschen Brauer Bund um Klarstellungen bemüht. „Bier – Genuß – Lebensfreude“ heißt ein Memorandum, das zum verantwortungsbewußten Umgang mit Bier rät. Nebenbei macht man aber auch gern auf neue niederländische und US-amerikanische Studien aufmerksam und erklärt beflissen: „Mäßiger Biergenuß verringert die Diabetesgefahr“ und „Ein Gläschen Bier am Abend stärkt das Gedächtnis“. Na dann, prost!