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Die Familien sterben

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Zwischen den bayerischen Bergen verhallte sein Ruf ungehört. Der italienische Europaminister Rocco Buttiglione sagte im oberbayerischen Wildbad Kreuth, ohne Familie und vor allem Kinder sei Europa zum Untergang verdammt. Der konservative Christdemokrat und Papst-Berater Buttiglione hatte letztes Jahr für Aufsehen gesorgt, weil er bei seiner Anhörung im EU-Parlamentsausschuß für Grundrechte gesagt hatte, er halte Homosexualität für eine Sünde. Und obwohl er gleichzeitig erklärte, daß seine Ansicht keine Auswirkung auf seine Politik haben werde, durfte er trotzdem nicht EU-Kommissar werden. Die bei der CSU-Klausurtagung Anwesenden schauten betreten ob der deutlichen Worte des italienischen Politikers. Doch die Tatsachen, daß immer weniger Kinder geboren werden und daß Familien in vielen Fällen nur noch Lebensabschnittsgemeinschaften sind, werden die deutsche Öffentlichkeit eines Tages schmerzhaft beschäftigen – mag die Politik diese Dinge heute auch noch verdrängen oder sogar den gegenteiligen und familienfeindlichen Weg einschlagen. Letzteres hat sich Rot-Grün vorgenommen. Die Familie hat in Deutschland längst keine Vorrangstellung mehr, wie sie im Grundsatz einst beschrieben worden war. Die Väter der Verfassung hatten nur Selbstverständliches aufgeschrieben: In der Familie kommen Kinder auf die Welt, werden dort erzogen, lernen das Leben mit mehreren Generationen kennen und sorgen später für die alte Generation, wenn sie sich nicht mehr selbst helfen kann. Sie geben diese Vorstellungen wiederum an ihre Kinder weiter. Daß sich das Idealbild in der Familie nicht immer durchhalten läßt, ist kein neuer Befund. Es kann zu Schicksalsschlägen kommen, daß Elternteile tödlich verunglücken oder vorzeitig sterben. Auch Trennungen hat es immer gegeben. Rot-Grün aber hat sich vorgenommen, die Ausnahmen zur Regel zu machen. Flucht aus der Verantwortung, die man für die Familie hat, wird immer häufiger angetreten. Eltern lassen ihre Kinder im Stich, Söhne und Töchter kümmern sich nicht mehr um ihre Eltern, sondern schieben sie in Altenheime ab. Es gibt keine Institutionen mehr, die mehr als allgemein gehaltene Appelle für die Familie von sich geben. Von der Verantwortung des Einzelnen wird nicht mehr gesprochen. Vom deutschen Staat ist in dieser Hinsicht schon gar nichts mehr zu erwarten. Wer heute zum Beispiel ein Steuerformular in die Hand nimmt, kann fast beliebig ankreuzen: Single, verwitwet, geschieden, dauernd getrennt lebend, verheiratet oder vielleicht sogar in eingetragener Partnerschaft lebend – dem neuen Rechtsinstitut, das ausschließlich gleichgeschlechtlichen Partnerschaften vorbehalten ist. Mit der Einführung der Lebenspartnerschaften ist die Familie entwertet worden. Die Gleichstellung betrifft bereits viele Bereiche des bürgerlichen Rechts – bis hin zum Adoptionsrecht. Folgen soll eine Gleichstellung mit dem Steuerrecht. Das heißt, der Vorteil des Ehegattensplittings soll möglicherweise in Zukunft auch für homosexuelle Lebenspartnerschaften gelten. Man muß wissen, wem das Steuersplitting zugute kommt: Es profitieren am meisten die Familien davon, in denen die Mutter nicht berufstätig ist und sich um die Kinder kümmert. In solchen Konstellationen ist es Ehepaaren eher möglich, sich nicht nur einen Kinderwunsch zu erfüllen, sondern mehrere Kinder zu haben. Wenn beide Elternteile berufstätig sind, scheitert die Erfüllung weiterer Kinderwünsche oft an der beruflichen Belastung der Eltern. Interessant in diesem Zusammenhang das Ergebnis der Umfrage einer Elternzeitschrift: Nur etwa ein Drittel der befragten Eltern wünschte sich mehr ganztägige Betreuungsmöglichkeiten. Das heißt doch im Umkehrschluß: Zwei Drittel aller Frauen wollen sich zumindest in den wichtigen Jahren, in denen die Kinder klein sind, in der Hauptsache um den Nachwuchs kümmern. Dies geht nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Doch das Kindergeld ist nach einigen vom Verfassungsgericht verordneten Erhöhungen nicht mehr angehoben worden. Das jetzt diskutierte Familiengeld ist nichts anderes als die Zusammenfassung bisheriger Leistungen. Wenn das Splitting über die Familie hinaus ausgedehnt wird, wird es zur Steuerflucht in diese Partnerschaften kommen, die praktisch jeder eingehen und auch schnell wieder lösen kann. Und dann wird man aus Gründen des Staatshaushaltes das Splitting begrenzen oder abschaffen und den Eltern als Ausgleich Kinderbetreuungseinrichtungen anbieten, damit die Mütter bei Aldi oder Lidl an der Kasse arbeiten können (und müssen). Das ist dann die Republik der Beliebigkeit. Es ist egal, wie man lebt, mit wem und wann mit jemand anders. Phantasie? Nein. In der DDR wurde oftmals geheiratet, nur um eine Wohnung und den Ehekredit von 5.000 Ost-Mark zu bekommen. Und für die politische Klasse der DDR zählten Werte wie Familie und Verantwortung nichts. Eltern gaben ihre Kinder in die Krippe und die Verantwortung beim Staat ab. Auf diesem Weg befindet sich die rot-grüne Koalition. Sie wird damit scheitern, wie alle Versuche gescheitert sind, Kollektivschaften zu errichten. Es stellt sich nur die Frage, ob Deutschland vorher scheitert, weil seine Wurzeln, die Familien, in großer Zahl absterben.

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