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Fundamentale Schnellschüsse

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Unwort, Umfrage, Alternativ

Ein deutsches Hochglanzmagazin erschien kürzlich mit einem Papst-Interview. Wer das Kleingedruckte am Ende des Interviews las, erfuhr nebenbei, daß es sich um den Wiederabdruck eines Gesprächs aus einem Buch handelte, das geschrieben wurde, als Joseph Ratzinger noch Kardinal war. Aber das scheint aus Sicht der Verlage egal zu sein. Der Rummel um den neuen Papst hat eine Flutwelle von Benedikt-Büchern ausgelöst. Sämtliche Standard-Schriften des Kardinals wie „Einführung in das Christentum“ oder „Salz der Erde“, die früher nur in kleinen Auflagen gedruckt worden sind, waren nach dem 19. April sofort ausverkauft. Sie mußten in hoher Auflage neu aufgelegt werden. Noch mehr Autoren als je zuvor befassen sich jetzt mit dem Heiligen Vater. Allein im Herder-Verlag erschienen 14 Bücher. Darunter „Wer glaubt, ist nie allein – Worte der Ermutigung“, eine „Ährenlese aus verschiedenen Werken“ des früheren Vorsitzenden der Glaubenskongregation, wie der Herausgeber im Vorwort schreibt. Neun Kapiteln sollen einen Überblick über die Denkweise Benedikts XVI. gestatten. Als Einstieg ist das Buch sicherlich geeignet. Wer sich über die christliche Theorie hinaus für die Praxis des Vatikans interessiert, für den ist „Benedikt XVI. – Ein Portrait“ von Heinz-Joachim Fischer unterhaltsame Lektüre. Der frühere FAZ-Reporter wollte eigentlich ein Ratzinger-Buch schreiben (das dann auch nur in kleiner Auflage erschienen wäre). Jetzt mußte schnell ein Benedikt-Buch her. Fischer beschreibt anschaulich die Vorgänge rund um die Wahl des Papstes. Am 4. April hatte die Corriere della Sera die „papstfähigen“ Kardinäle vorgestellt. Der 78jährige Ratzinger wurde dort wie folgt vorgestellt: „Wächter des Glaubens, von Wojtyla gewählt: Das Gute besteht darin, Nein zu sagen.“ Ein Deutscher als Favorit Nummer Eins vor den italienischen Päpsten? Seine Konkurrenten trösteten sich damit, daß der Topfavorit meist als Kardinal aus dem Konklave wieder herauskommt. Und Joseph Ratzinger selbst hat es wohl auch nicht anders gesehen, wie seine späteren Äußerungen zeigen. Der Autor schildert weiter das spannende Geschehen in Rom zwischen der Beerdigung Johannes Pauls II. und der Wahl des neuen Heiligen Vaters. Berichte aus dem Inneren des Vatikan kommen meist von der italienischen Presse. Ausländische Organe haben keinen vergleichbaren Zugang zu den Nachrichtenquellen am Heiligen Stuhl. So stocherte das Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel in der Woche vor dem Konklave in diesem für ihn verminten Nachrichtengebiet hilflos im Nebel. Andere Medien berichteten auf weniger Platz fundierter als Fischer, so zum Beispiel das Time-Magazin gleich nach der erfolgten Wahl. Aber vielleicht wurde da auch nur mehr spekuliert. Egal, wo Fischer seine Informationen her hat – sie decken sich weitgehend mit den Erkenntnissen anderer Vatikan-Insider: Ratzinger kristallisierte sich als der geeignete Nachfolger heraus, als das Vakuum offenbar wurde, das Wojtyla hinterlassen hatte. Als Dekan des Kardinalkollegiums zelebrierte er das Pontifikalamt, und Millionen schauten zu. Papst tot, Kardinäle und Gläubige traurig – was liegt da näher, als Ratzinger zu seinem Nachfolger zu wählen? So ungefähr muß es sich abgespielt haben. „Keine Interviews, keine Konzilien“, hieß eine der Anweisungen Ratzingers. Natürlich gab es dergleichen trotzdem unter den Kardinälen. Dabei wurde immer klarer, daß die einflußreichen Italiener unter sich total zerstritten waren. Sie blockierten sich gegenseitig. Die Kollegen aus den USA dagegen waren wegen einer Reihe von Pädophilie-Skandalen mit sich selbst beschäftigt. So kam es dazu, daß aus Ratzinger Benedikt XVI. wurde. Der erste Satz, den Benedikt XVI. nach seiner Wahl zu Kardinal Meisner gesagt hat, sei folgender gewesen, berichtet Fischer: „Ich komme zum Weltjugendtag nach Köln.“ Daraufhin hätten dem Kölner Kardinal die Tränen in den Augen gestanden, so Fischer weiter. Der Ausblick auf die kommende Amtszeit ist nüchtern. Eine „Modernisierung“ im Sinne außerkirchlicher Randgruppe wird es mit Benedikt XVI. nicht geben, spekuliert der Autor. Der neue Papst, der den Kommunismus einmal als „Schande unserer Zeit“ gegeißelt hat, wird das Katholische gewährleisten. Das mit bunten Bildern ansehnlich gestaltete Buch liest sich einfach und unterhaltsam. Schade, daß es mit so heißer Nadel gestrickt wurde, daß sich etliche kleine Fehler eingeschlichen haben, die den Lesefluß zwar nicht behindern. Benedikts XVI. klare Haltung gegen den Marxismus ist auch dem Autor von „Der deutsche Papst – Benedikt XVI. und seine schwierige Heimat“ nicht verborgen geblieben. Dieses dritte Buch aus dem Herder-Verlag stammt von Alexander Kissler. Für Kissler wäre Benedikt als Bundestagskandidat ungeeignet. Und zwar deshalb, weil er nach einem Film über die Rolle Carol Wojtylas im von Deutschen besetzten Polen gesagt hat, der Totalitarismus bedrohe die Menschheit. Damit stelle er – aus Sicht des Zeitgeistes, versteht sich – die Singularität des Holocaust in Frage. Damit würde Benedikt nicht mal in eine deutsche Talkshow passen, so Kissler – ebenfalls ein früherer FAZ-Mitarbeiter – weiter. Natürlich wurde nach der Wahl gleich über den „Reformstau“ in der katholischen Kirche debattiert, so als sei der Papst so etwas wie eine rot-grüne oder schwarz-gelbe Regierung. Andererseits konstatiert auch Kissler einen Mentalitätswandel. Personen wie Eugen Drewermann verfügten über eine sehr verringerte mediale Existenz. Deutschland sei, so Kissler, 1990 mitnichten nördlicher und protestantischer geworden. Deutschland ist mit der Wiedervereinigung nördlicher und atheistischer geworden. Die Nicht-Christen haben inzwischen zu den beiden Konfessionen aufgeschlossen. Und die geistig morsche evangelische Kirche leidet unter so hohen Austrittszahlen, daß die Katholiken in Deutschland inzwischen in der Mehrheit sind. In den neuen Ländern dagegen glauben nur noch 21 Prozent der Bürger an Gott. Das liegt auch daran, daß die Kirchen immer gottvergessener werden, läßt der Autor durchblicken. Den Zeitgeist-Trend, sich immer weiter von der wahren Lehre des Christentums zu entfernen, interpretiert der neue Papst dagegen, indem er die Geschichte von Hans im Glück erzählt. Hans habe einen Batzen Gold als Lohn erhalten, den dann eingetauscht gegen ein Pferd, eine Kuh und so weiter. Am Ende sei nur noch ein Schleifstein übrig gewesen. Und den habe Hans dann noch in einen Brunnen plumpsen lassen. Wenn die Kirchen heute anfingen, die Beichte oder das Zölibat abzuschaffen, dann sei morgen der Gottesdienst und die ganze Kirche in Frage gestellt – so Ratzingers Fazit. Dem will und wird er sich widersetzen, so der Autor des dritten Benedikt-Buchs. Sehr detailliert analysiert er dabei die Zukunftsfähigkeit des Christentums. Dabei wägt er Vor- und Nachteile gut ab. Dies geschieht sehr realistisch, ohne den sonst üblichen theatralischen Abgesang oder eine defätistische „Es ist sowieso alles verloren“-Sichtweise. Burkhard Menke (Hrsg:): Benedikt XVI. Wer glaubt, ist nie allein – Worte der Ermutigung. Herder Verlag, Freiburg 2005, 123 Seiten, Abbildungen, broschiert, 9,90 Euro Heinz-Joachim Fischer: Benedikt XVI. – Ein Portrait“. Herder Verlag, Freiburg 2005, 191 Seiten, Abbildungen, broschiert, 12,90 Euro Alexander Kissler: Der deutsche Papst – Benedikt XVI. und seine schwierige Heimat. Herder Verlag, Freiburg 2005, 192 Seiten, gebunden, 17,90 Euro Foto: Freiburger Buchhandlung mit ausverkauften Benedikt-Titeln im April: Viel Rummel um den neuen Papst

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