Wortbeiträge im Radio? Politik im Fernsehen? Schnell wird abgeschaltet oder weitergezappt. Und die Tageszeitung? Den meisten Jugendlichen ist sie zu grau und zu langweilig Diese Aussagen finden sich auf den Internetseiten der Bundeszentrale für politische Bildung. Die Sätze beschreiben Eindrücke von der Jugendmedienkonferenz des Jahres 2004. Sätze, die so gar nicht auf die 18 Jahre alte Frizzi zutreffen. Sie besucht das Mörike-Gymnasium im schwäbischen Ludwigsburg, einer 90.000 Einwohner großen Stadt in der Nähe von Stuttgart. „Da, wo auch Horst Köhler zur Schule gegangen ist,“ sagt sie nicht ganz ohne Stolz. Sie verfolgt die Lokalnachrichten in der heimatlichen Ludwigsburger Kreiszeitung. „Meine Eltern haben auch die taz und die Stuttgarter Zeitung abonniert. Da sehe ich dann auch gern mit rein“, gibt sie Einblick in ihr Leseverhalten. Und Neon. Das junge Magazin des Stern mag sie besonders gern. Weil da „schön viel“ über Mode, Beruf und Karriere drinsteht. Grau und langweilig hört sich anders an. Dafür ist Frizzi Fernseh-Muffel. Und das hat einen Grund. „Wir können bei uns zu Hause nur drei Programme empfangen“, sagt sie im Beisein ihrer Schulkameraden, die sich einen feixenden Spruch darauf nicht verkneifen können. „RTL und Pro7 interessieren mich aber auch nicht“, rechtfertigt sie sich. „Hin und wieder mal Tagesschau, das reicht“, ist sie überzeugt. „Die kannst du doch auch im Internet sehen“, ruft ihr Philipp, ein Mitschüler, zu. Und handelt sich damit prompt Widerspruch von seiner Klassenkameradin Jasmin ein. „Wenn du keine DSL-Verbindung hast, kannst du das vergessen“, gibt sie zu bedenken, daß nicht jedem eine schnelle Datenleitung zur Verfügung steht. Philipp jedoch hat sie. Und er nutzt sie intensiv. Das weltweite Netz ist seine Hauptinformationsquelle, erzählt er. „Wenn ich etwas über ein bestimmtes Thema wissen will, suche ich mir aus den einzelnen Online-Auftritten der Medien heraus, was ich brauche.“ Kostenpflichtige Angebote nutzt er nicht. Auch nicht, wenn der Informationswert für ihn besonders hoch sein sollte. „Dann suche ich danach eben woanders“, entgegnet er. Angesichts von Seiten wie Google oder Wikipedia sei das schließlich kein Problem. Blogs nutzt er dagegen „eher selten“. „Das ist ja nur die Meinung einer einzelnen Person, da kann ich mich nicht drauf verlassen“, bringt er seine Skepsis gegenüber dieser Kommunikationsform zum Ausdruck. In einem Punkt sind sich Frizzi, Philipp und Jasmin schnell einig: Boulevard-Zeitungen sowie Klatsch-und-Tratsch-Magazine müssen nicht sein. „Da sehe ich mir nur die Bilder an und das war’s“, sagt Jasmin. Viele dieser Blätter seien nun mal einfach nicht seriös, erklärt sie und kritisiert die reißerische Aufmachung der Bild. „Bild geht gar nicht“, stimmt ihr Frizzi zu und auch Philipp nickt. Und in noch einem Punkt sind die angehenden Abiturienten einer Meinung. Zeitung lesen, Radio hören, fernsehen oder im Internet surfen ist „okay“. Doch selbst eine Zeitung herstellen? „Nicht unser Ding“, sagen sie alle nahezu zeitgleich und lachen. Bei Christina, Nicola, Hannah und Valentina ist das anders. Obwohl die drei Schülerinnen des Walddörfer Gymnasiums in Hamburg erst 15 Jahre alt sind, haben sie bereits erste journalistische Erfahrung sammeln können. „Wir haben letztes Jahr eine Zeitung über das 19. Jahrhundert gemacht“, erzählt Christina. „Wir mußten uns zum Beispiel in eine Frau dieser Zeit hineinversetzen und aus ihrer Sicht schreiben“, ergänzt Hannah. Andere Mitschüler hatten die Aufgabe, aus der Perspektive von Bauern und Arbeitern zu berichten. „Spaß hat das schon gemacht“, sagt Nicola. Ob sie aber später selbst einmal Journalistin werden möchte, weiß sie noch nicht. „Wer weiß schon, was in vier oder fünf Jahren ist“, meint sie. Von Boulevard-Medien will auch sie kaum etwas wissen. Ihre Eltern haben das Abendblatt abonniert, das auch sie gern liest, wie sie sagt. Die Tagesschau gehört für sie ebenfalls zum Pflichtprogramm, wenn es um Nachrichten geht. „Ansonsten lese ich meist die News auf meiner MSN-Startseite im Internet“, verrät sie. Bei ihren Freundinnen Christina und Valentina sieht das ähnlich aus. Auch sie informieren sich auf Internet-Portalen. „Wenn ich meine Mails bei Web.de abrufe, habe ich immer gleich einen Nachrichten-Überblick dabei, das ist ganz praktisch“, erklärt Christina. Nicola nutzt die gleichen Vorzüge. Darüber hinaus wirft sie auch schon mal einen Blick in den Stern oder den Spiegel. „Aber da lese ich nicht regelmäßig“, gibt sie zu. Blogs nutzen auch sie weniger, sagen alle vier. „Und wenn, dann eher die Kommentare“, meint Valentina. Viel öfter stöbern sie bei Schüler-VZ und Facebook. Auf den beiden Internet-Plattformen kommunizieren sie viel mit ihren Freunden im In- und Ausland während sie gleichzeitig Musik hören. Radio Hamburg und Radio Energy stehen bei ihnen besonders hoch im Kurs. Glauben schenken sie der Berichterstattung in den Medien aber nur bedingt. „Vielleicht 50 Prozent davon sind wahr“, vermutet Valentina. Und: manchmal werde auch „ganz schön viel Schwachsinn“ verbreitet. Das meinen auch Jan Bernard, Simon Mosburger und Markus Hartmann vom Franz-Ludwig-von-Erthal-Gymnasium, einer Schule im unterfränkischen Lohr am Main. „Es wird zu negativ berichtet“, sagt der 16jährige Markus. Und auch sein gleichaltriger Mitschüler Simon ist mit vielem nicht einverstanden, was so veröffentlicht wird. „Das mit dem Eisbären Knut nervt einfach nur“, sagt er. Das Tier werde für umwelt- und klimapolitische Zwecke mißbraucht, die Berichterstattung darüber viel zu sehr „aufgebauscht“. Die Heimatzeitungen von Jan, Simon und Markus sind Mainpost und Lohrer Echo. Die Berichte der lokalen Presse verfolgen alle drei regelmäßig. Darüber hinaus steht Spiegel-online bei ihnen hoch im Kurs. „Und N24 ist auch nicht schlecht“, ergänzt Jan Bernard, der außerdem gerne Antenne Bayern und B5 aktuell im Radio verfolgt. Bezahlen würden sie für die Informationen aber nichts. Mainpost und Lohrer Echo werden ohnehin von den Eltern abonniert, Spiegel-online kann kostenlos im Internet gelesen werden. Und wenn da doch einmal ein spannendes Thema wäre, dafür aber gezahlt werden müßte? „Ich würde es trotzdem nicht tun“, ist sich Markus sicher. „Im Internet gibt es so viele Möglichkeiten, ich würde suchen bis ich woanders etwas gefunden habe.“ Seine Mitschüler nicken. Selbst haben sie sich alle noch nicht journalistisch betätigt. „Aber das kann ja noch kommen“, meint Simon. An ihrem Gymnasium gebe es schließlich die Schülerzeitung Webs, die ein- bis zweimal im Jahr erscheint. „Vielleicht werde ich da irgendwann mal proben, ob ich ein Schreibtalent bin“, kündigt Simon bereits an. Foto: Abiturienten des Franz-Ludwig-von-Erthal-Gymnasiums in Lohr vor dem Berliner Reichstag: „Es wird zu negativ berichtet“