Vor dreißig Jahren hat das Bundesverfassungsgericht gesagt, der Abgeordnete übe einen full-time job aus. Das stand freilich weder im Einklang mit der Wirklichkeit, noch genügte es dem Idealbild vom Abgeordneten. Also regelte das Parlament selbst, was der Abgeordnete neben dem Mandat beruflich tun dürfte, und akzeptierte – in Grenzen – Nebentätigkeiten. Das Parlament sollte weder zu einer Versammlung von Leuten werden, die durch die Ausübung ihres ursprünglichen Berufs allzu sehr an die verschiedensten Interessen gebunden wären, noch sollte das Bewußtsein der Parlamentarier allein vom Gewinnen und Bewahren der Mandate geprägt sein. Man suchte einen Mittelweg, und man meinte ihn zu finden durch eine faktische Begrenzung der Einkünfte, die ein Abgeordneter neben dem Mandat erzielen darf. Hier einfach „Verbote“ zu erlassen, würde sich am Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit (Artikel 12 GG) stoßen. So vertraut man auf die mittelbare Einschränkung, die aus einer Bekanntgabe der Nebeneinnahmen folgen kann – zuviel wird peinlich. Neun Abgeordnete wollen diese Beschränkung ihrer Berufsfreiheit nicht hinnehmen. Sie wehren sich mit Organstreitigkeiten. Nun soll das Verfassungsgericht eine Linie ziehen zwischen dem full-time job und den Nebentätigkeiten. Sie haben, in Maßen ausgeübt, den Vorteil, daß die Abgeordneten nicht den Bezug zum wirklichen Leben verlieren oder abhängig werden von ihren Oberen, die über das Wiedergewinnen ihrer Mandate entscheiden. Vom Gericht wird eine Quadratur des Kreises verlangt: verlockend und erwünscht, aber kaum zu machen.