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Marc Jongen, ESN Fraktion
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Hochzeit mit Hindernissen

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Unwort, Umfrage, Alternativ

Ganz Spanien fieberte dem angekündigten Fernsehinterview entgegen. Wie sieht er aus? Würde er Einzelheiten über seine einjährige Ehe mit der attraktiven Letizia preisgeben? Wenn ja, welche? Intime gar? Der Madrider Privatsender Antena Tres machte seinen Zuschauern den Mund wäßrig. Als es dann am vergangenen Donnerstagabend soweit war, präsentierte sich im Fernsehstudio ein Mann mittleren Alters, der mit allen Wassern der modernen Mediendemokratie gewaschen ist – kühl und intellektuell gekonnt parierte Alonso Guerrero, Ex-Ehemann von Letizia Ortiz, die im Mai dieses Jahres den spanischen Thronfolger Felipe heiraten und damit Königin werden wird, die Fragen seines Interviewers. Alonso war, als er Letizia kennen lernte, einer ihrer Universitätsprofessoren; heute verdient er seinen Lebensunterhalt als Schriftsteller. Nur hin und wieder umspielte während des etwa 15minütigen Gesprächs ein leicht maliziöses Lächeln seine Lippen, das aber schnell wieder verschwand, denn Alonso Guerrero weiß mit instinktiver Sicherheit, wann die Grenze zur Überheblichkeit überschritten ist – und genau das galt es zu vermeiden. Vergleicht man ihn mit dem jetzigen Auserwählten der schönen Letizia, Prinz Felipe, dann fragt man sich unwillkürlich, weshalb sie den Wechsel vollzogen hat. Guerrero ist in jedem Fall interessant, was man vom spanischen Thronfolger nur schwer behaupten kann, denn stets wirkt der 35jährige wie ein in die Höhe geschossener Jugendlicher. Was den intellektuellen Standard betrifft, so scheint sich die 31jährige Fernsehjournalistin neu orientiert zu haben: Guerrero spricht eloquent, Felipe langsam, und was er zu sagen hat, klingt brav, aber keinesfalls mitreißend. In seinen Antworten vermied es der Schriftsteller sorgfältig, intime Details über seine Ehe mit der jetzigen Verlobten des spanischen Thronfolgers auszuplaudern. Geschickt wanderte er über das Minenfeld des Gesprächs, ohne Langeweile aufkommen zu lassen, und empfahl sich auf diese Art als ein Schriftsteller, dessen Bücher man eigentlich lesen sollte, was bislang noch nicht allzu viele Spanier getan haben. Es folgte ein Spiel der freien Assoziation – der Interviewer warf einen Begriff in die Runde, und Alonso Guerrero antwortete darauf, was ihm spontan dazu in den Sinn kam. Natürlich fiel das Wort „Sex“. Der Ex-Ehemann von Letizia hielt die Luft an und ließ sich viel Zeit, dieses Wort inhaltlich zu füllen. Schließlich antwortete er, daß er unter Sex „creatividad“ verstehe, also Kreativität. Daran konnte niemand Anstoß nehmen. Je näher der Hochzeitstermin von Felipe und Letizia rückt, desto begieriger zeigt sich die Öffentlichkeit, unbekannte Einzelheiten aus dem Privatleben der beiden zu saugen – und die offiziellen Stellen sind redlich darum bemüht, mögliche Lecks, aus denen die eine oder andere sprudeln könnte, abzudichten. Eine Nachlässigkeit, die zu schwerwiegenden Folgen hätte führen können, ist dieser Tage in einem Madrider Justizgebäude beseitigt worden. Dort lagen die Scheidungsunterlagen von Letizia und ihrem Alonso zwar nicht für jedermann zur freien Einsicht, doch mit ein bißchen krimineller Energie hätte man sich Zugang zu ihnen verschaffen können. Im Bewußtsein, welcher gesellschaftliche Sprengstoff sich in diesen, möglicherweise auch delikate Einzelheiten aufführenden Akten verbarg, bat die zuständige Behördenleiterin Inmaculada Lopez Candela um Abhilfe. Rechtzeitig zu Weihnachten schenkte der Vizepräsident der Provinzregierung von Madrid, Alfredo Prada, einen 600 Kilo schweren Safe, in dem nun die Unterlagen sicher sein sollen. In der spanischen Presse wird darüber gewitzelt, ob man mit dem 1,20 Meter großen, 60 Zentimeter breiten und aus Walzstahl hergestellten Tresor als Verwahrungsort für nur eine einzige Akte nicht des Guten zuviel getan hat. Immerhin hat er 1.946 Euro gekostet. Während der überwiegende Teil der spanischen Bevölkerung die bevorstehende Heirat des Prinzen mit seiner Auserwählten gutheißt, gibt es im Land zwei kleine Gruppierungen, die sie mit großer emotionaler Vehemenz ablehnen – die einen sind die Antimonarchisten, die das Königreich am liebsten heute statt morgen abschaffen würden, und die anderen sind paradoxerweise die spanischen Adeligen. Als Felipe seine Verlobung bekanntgab, reagierte ein Großteil der rund 10.000 Blaublütigen mit einem derart eisigen Schweigen, daß es einem Affront gleichkam. Viele Angehörige der „nobleza española“ stoßen sich weniger an die Tatsache, daß die künftige Königin schon einmal verheiratet war, sondern daran, daß die „prometida“ (die Versprochene) aus der bürgerlichen Mittelschicht stammt. Als das Königshaus Ende Oktober vergangenen Jahres die überraschende Nachricht der bevorstehenden Hochzeit ankündigte, sagte der Hochadel ohne weitere Begründung sein unmittelbar bevorstehendes traditionelles Jahrestreffen ab. „Niemand wollte das Eheversprechen des Prinzen kommentieren“, zitiert die angesehene Tageszeitung El País eine Adelige, die ungenannt bleiben wollte. Überhaupt stehen die Beziehungen zwischen den hochrangigen Familien Spaniens und dem Königshaus nicht zum Besten; man respektiert sich, aber man geht sich geflissentlich aus dem Weg. Bis 1991 weigerte sich Juan Carlos, Mitglieder des Hochadels in seinem Palast zu empfangen. Inzwischen hat sich zwar die Lage entspannt, herzlich geworden ist sie allerdings nicht. „Der König hat seinen eigenen Freundeskreis, seine eigenen Berater und seine Helfer. Sie besitzen seine private Handy-Nummer und rufen ihn an, wann immer sie wollen“, gab eine Aristokratin zu Protokoll und machte dabei deutlich, daß keiner der spanischen Granden über dieses Privileg verfügt. Und Pilar Gonzalez de Gregorio, Herzogin von Fernandina und Tochter der Herzogin von Medina-Sidonia – einer der wichtigsten Adelstitel des Landes – beschreibt das unterkühlte Verhältnis zwischen blauem Blut und goldener Krone mit einem einzigen Satz: „Wir haben uns mit der Königin und dem König nur ein einziges Mal getroffen, und der Anlaß dazu war ein gemeinsamer kultureller Termin.“ In diesem Spiel der freien Kräfte neigt sich die Waage zugunsten des Königshauses, denn die Presse begegnet ihm mit unverhohlener Sympathie, während sie zum Adel ein eher feindseliges Verhältnis pflegt. Und die Blaublütigen wissen, daß die Monarchie auch für sie selbst eine Stütze bedeutet, auf die sie keinesfalls verzichten können. Deshalb wird, je näher der Tag der Hochzeit von Prinz Felipe mit seiner attraktiven Ex-Fersehjournalistin rückt, die feindselige Front des Adels nach und nach zurückgenommen werden. „Wenn der entscheidende Moment kommt, werden sich die Adeligen auch vor Doña Letizia verneigen und ihr Dank und die ihr gebührende Achtung erweisen“, erklärte der Baron von Gabin in einem Presseinterview.

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