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Über Nacht zum Weltstar

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Unwort, Umfrage, Alternativ

Daß Camilla Horn in den dreißiger Jahrenzu den größten und erfolgreichsten deutschen Leinwandstars zählte, ist heute leider fast vergessen. Um so verdienstvoller ist es, daß das Deutsche Filmmuseum nun mit einer Ausstellung an die Schauspielerin erinnert, die am 25. April dieses Jahres hundert Jahre alt geworden wäre. Zahlreiche Fotografien, Filmplakate und persönliche Gegenstände aus ihrem Nachlaß sind zu besichtigen, außerdem begleitet eine Filmreihe, zu der auch die legendäre „Faust“-Verfilmung von F. W. Murnau aus dem Jahre 1926 gehört, die Ausstellung. Als Tochter des Musikers und Reichsbahnbeamten Wilhelm Horn und seiner Frau Martha kam Camilla Horn am 25. April 1903 im Frankfurter Stadtteil Bockenheim zur Welt. Eigentlich wollte sie Modezeichnerin werden, lernte also zunächst einmal den Beruf einer Schneiderin und besuchte die Kunstgewerbeschule. Nachdem sie kurzzeitig als Akkordnäherin gearbeitet hatte, eröffnete sie mit siebzehn Jahren in der Wohnung ihrer Eltern ein Schneideratelier. Drei Jahre später hängte sie jedoch ihren Beruf an den Nagel, um in Berlin neu anzufangen. Hier absolvierte sie eine solide Schauspielausbildung und nahm zusätzlich Tanzunterricht bei Rudolf von Laban. In den Ufa-Studios wurde dann der große Regisseur Murnau auf die junge Revuetänzerin und Statistin aufmerksam, der 1925 dort gerade den Stummfilm „Tartüff“ drehte. Als sein Star Lil Dagover plötzlich erkrankte, engagierte Murnau Camilla Horn als deren Double. Ein Jahr später erinnert sich Murnau erneut an die junge Schauspielerin. Mit Emil Jannings, Gösta Ekmann und dem Hollywood-Star Lilian Gish als Gretchen will er „Faust – Eine deutsche Volkssage“ drehen, aber die Gish ist unabkömmlich. Vom Fleck weg engagiert er Camilla Horn, die mit diesem Film über Nacht zum Weltstar wird. „Sie verkörperte als Gretchen die ideale Mischung zwischen Unschuld und erwachenden Gefühlen. Für eine Anfängerin war ihre Darstellung eine beeindruckende Leistung“, so Johannes Kamp, der die Frankfurter Ausstellung vorbereitete. Und tatsächlich waren sowohl die internationale Kritik als auch das Publikum von ihr begeistert, wie sie als geistig verwirrte Kindesmörderin mit aufgerissenen Augen durch den Kunstschnee irrte. Sie selbst hatte sich derart mit ihrer Rolle identifiziert, daß sie Briefe an Eltern und Freunde von nun an mit „Gretchen“ unterzeichnete. Hollywood war sie jetzt auf sie aufmerksam geworden und winkte mit einen Dreijahresvertrag bei United Artists. Mit Ernst Lubitsch drehte sie 1928 „Der König der Bernina“, und agierte als „blonder Vamp vom Dienst“ in einem halben Dutzend weiterer Stummfilme. Als die gemeinsam mit Charlie Chaplin geplanten Projekte sich zerschlugen, kehrte sie Anfang der dreißiger Jahre nach Deutschland zurück. Die Tonfilm-Ära hatte begonnen, und Camilla Horn gelang der Sprung in die Sprechrollen mit Bravour. Von der jugendlichen Liebhaberin bis zur kapriziösen Salondame und zur Femme fatale beeindruckte sie durch ihre selbstbewußte Schönheit, Eleganz und Ausstrahlung in Filmen wie „Der Frechdachs“ (1932), „Der letzte Walzer“ (1934), „Der rote Reiter“ (1935), „Fahrendes Volk“ (1938) oder „Friedemann Bach“ (1940/41) mit Gustaf Gründgens. Sie drehte in Italien, Frankreich und England, füllte daneben die Seiten der Klatschpresse, avancierte zur Diva und irritierte mit wechselnden Liebhabern und diversen Ehemännern die Herren der nationalsozialistischen Filmkammer, in deren Frauenbild sie immer weniger paßte. 1943 kam es zum offenen Bruch, und Camilla Horn zog sich schließlich auf ihr Landgut im brandenburgischen Neuruppin zurück. Nach dem Krieg gelang es ihr nicht mehr, an ihre früheren Erfolge anzuknüpfen. Sie arbeitete zunächst als Dolmetscherin für die Amerikaner, wagte jedoch 1948 den Schritt zurück auf die Bühne. Mit Jean Cocteaus „Doppeladler“ gastierte sie in Frankfurt am Main. Vereinzelt drehte sie auch wieder Filme, spielte aber zumeist in Boulevardstücken Theater. Ausgezeichnet mit dem Bundesverdienstkreuz, dem Filmband in Gold und dem Bayrischen Filmpreis für ihre Rolle als Fürstin Großmutter in Peter Schamonis „Die letzten Tage von Schloß Königswald“, in dem neben ihr noch weitere frühere Ufa-Stars mitspielten und der ihr letzter Film werden sollte, starb Camilla Horn am 14. August 1996 im Alter von 93 Jahren in einem Pflegeheim in Galching. In Herrsching am Ammersee liegt ihre Grabstätte. Den langen Lebensweg der Schauspielerin, die als Gretchen in die Filmgeschichte eingegangen ist und in über sechzig Filmen als Bilderbuch-Diva glänzte, zeichnet die Ausstellung im Deutschen Filmmuseum in ihrer Heimatstadt Frankfurt noch einmal beeindruckend nach. Foto: Camilla Horn als Gretchen in „Faust – Eine deutsche Volkssage“ (1925/26): „Bilderbuch-Diva“ Die Ausstellung wird noch bis zum 31. August im Filmmuseum, Schaumainkai 41, täglich außer montags 10 bis 17 Uhr, Mi. bis 20 Uhr, Sa. ab 14 Uhr, gezeigt. Info: 069 / 21 23 88 30

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