HAMBURG. Ein Jahr nach der Cannabislegalisierung haben Anbauvereine den Schwarzmarkt nicht als primäre Bezugsquelle ersetzen können. Nach dem ersten Zwischenbericht des Forschungsverbundes EKOCAN deckte Medizinalcannabis im Jahr 2024 zwölf bis 14 Prozent des Gesamtbedarfs, während die Vereine weniger als 0,1 Prozent beisteuerten.
EKOCAN-Koordinator Jakob Manthey vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf erklärte: „Wenn der Gesetzgeber die Verdrängung des Schwarzmarktes priorisieren wollte, müßten die Rahmenbedingungen für die Genehmigung und den Betrieb von Anbauvereinen vereinfacht werden.“ Eigenanbau und illegale Quellen seien bislang nicht meßbar, die Weitergabe im Freundeskreis spiele jedoch eine zentrale Rolle.
Cannabislegalisierung stört Trendentwicklung nicht
Bei Jugendlichen setzte sich der seit 2019 beobachtete Rückgang des Konsums fort. Etwa zehn Prozent konsumieren aber täglich oder fast täglich. Professor Daniel Kotz von der Universität Düsseldorf beobachte, „daß sich der sinkende Trend im Anteil der Jugendlichen, die Cannabis konsumieren, fortsetzt“. Zugleich gingen Beratungsfälle bei Jugendämtern und Suchtberatungen zurück.
Auch unter Erwachsenen blieb der Trend stabil. Der seit 2011 steigende Anteil von Konsumenten setzte sich fort, ohne daß ein sprunghafter Anstieg erkennbar wurde. Abwasseranalysen bestätigten dies. Hinweise auf leichte Zuwächse akuter Gesundheitsprobleme liegen jedoch vor. Auf die Verkehrssicherheit wirkte sich das Gesetz nach bisherigen Daten kaum aus.

Deutlich wurden dagegen die Folgen für die Kriminalstatistik. Im Jahr 2024 registrierte die Polizei rund 100.000 Fälle weniger als im Vorjahr. Professor Jörg Kinzig von der Universität Tübingen sprach von der „quantitativ bedeutsamsten Entkriminalisierung in der Geschichte der Bundesrepublik“. Vor allem konsumnahe Delikte entfielen. Neu eingeführte Ordnungswidrigkeiten wie der Konsum in Gegenwart Minderjähriger spielten bislang nur eine geringe Rolle.
Regeln zu Eigenanbau und Besitzgrenzen sind widersprüchlich
Die Konsumverbote greifen in der Praxis kaum. Die meisten Nutzer rauchten privat, Verstöße gegen die Zonen wurden selten registriert. Etwa die Hälfte der befragten Polizisten sprach sich für eine Ausweitung aus. Auch die Besitzgrenzen sorgten für Diskussion. Erlaubt sind 25 Gramm in der Öffentlichkeit und 50 Gramm zuhause. Viele Polizisten hielten diese Menge für zu hoch. Ein Eigenanbau mit drei Pflanzen überschreite die Grenze in der Regel, sei aber bisher selten verfolgt worden.
Die Forscher kommen zu dem Schluß, daß kein akuter Handlungsbedarf bestehe. Deutlich werde jedoch, daß die Anbauvereine bislang keinen Beitrag zur Verdrängung des Schwarzmarktes leisten. Ohne Änderungen sei auch mittelfristig keine Besserung zu erwarten. (sv)