BERLIN. Sicherheitsbehörden haben bundesweit Fälle von unrechtmäßig erteilten Einbürgerungen ermittelt, die infolge gefälschter Sprach- und Integrationstests vergeben worden waren. Allein in einer süddeutschen Ausländerbehörde soll der Leiter innerhalb einer Woche rund 340 manipulierte Nachweise gefunden haben, berichtet RTL. Einzelne Polizeien sollen in mehr als 1.000 Fällen von Handel mit gefälschten Sprachzertifikaten ermitteln.
Dem Sender zufolge sprechen Quellen aus Migrations- und Polizeibehörden von einer „hohen Dunkelziffer“ rechtswidriger Einbürgerungen. „Wir erleben aktuell einen Kontrollverlust ungeahnten Ausmaßes“, warnte ein anonymer Mitarbeiter eines Ausländeramtes in Nordrhein-Westfalen gegenüber dem Sender.
Vielerorts fände eine „ordentliche“ Dokumentenprüfung aufgrund von Überlastung nicht mehr statt. „Von oben gab es zuletzt nur noch Druck, eine Quote zu erfüllen, so viele Menschen wie möglich einzubürgern.“
Der Mitarbeiter betonte zugleich, daß es bei den Zertifikaten nicht nur um Einbürgerung gehe. Diese reichten jedoch bereits, um einen Aufenthaltstitel nach dem sogenannten Chancen-Aufenthaltsrecht zu bekommen. Eine Neubegutachtung durch andere Behörden komme selten vor. „Einmal drin heißt meistens für immer drin.“
Rund 292.000 Einbürgerungen in 2024 erteilt
Nach RTL-Informationen werben dutzende Händler auf der Plattform TikTok für gefälschte Sprachzertifikate. Die Preise für den B1-Nachweis sowie den Integrationstest „Leben in Deutschland“ variierten demnach zwischen 750 Euro und 2.700 Euro. Einige Anbieter warben zudem mit einem Rabatt bei Bestellungen für Freunde und Familie sowie mit zusätzlichen Falschzertifikaten, etwa mit dem IHK-Logo.
Insgesamt zählt das Bundesverwaltungsamt auf Nachfrage des Senders 1.009 zurückgezogene Einbürgerungen von 2020 bis 2024. Vergangenes Jahr habe die Zahl von rund 270 Fällen einen „neuen Rekord“ erreicht. Allerdings erfaßt das Amt nicht, ob die Rücknahme auf Zertifikatsbetrug zurückgeht.
2024 hatte die Zahl der Einbürgerungen mit fast 292.000 Personen einen Höchststand seit Beginn der Statistik erreicht (JF berichtete). Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl um 46 Prozent. Am häufigsten bekamen Syrer, Türken und Iraker den deutschen Paß. (kuk)