BERLIN. Bei der Wahl der drei neuen Bundesverfassungsrichter am Freitag im Bundestag könnte der Unions-Kandidat Günter Spinner durchfallen. Denn die Linkspartei will dem moderaten, bisher durch keine politischen Äußerungen aufgefallenen Bundesarbeitsrichter die Stimmen verweigern.
Damit würde der Jurist die von CDU und CSU angestrebte Mehrheit der demokratischen Parteien der Mitte verfehlen. Denn eine Zweidrittelmehrheit gibt es nur, wenn neben Union, SPD und Grünen auch die Linke zustimmt. Eine Wahl, die nur durch die AfD zustande kommt, lehnt die Union ab. Doch genau dazu könnte es nun kommen. Fraktionschefin Alice Weidel hat die Zustimmung ihrer Fraktion für Spinner zugesagt.
Das bringt Linksfraktions-Chefin Heidi Reichinnek auf die Palme. Sie verlangt persönliche Gespräche mit der Union sowie ein eigenes Vorschlagsrecht für Verfassungsrichter. Die Politikerin warf CDU und CSU im „Politico Playbook“-Podcast vor, eine Zusammenarbeit mit der AfD in Kauf zu nehmen: „Daß die Union wieder einmal riskiert, gemeinsam mit der gesicherten rechtsextremen AfD einen Vorschlag durchzubringen, das finde ich schon mehr als bedenklich.“
„Linke Aktivistinnen“ ans Verfassungsgericht
Für die von der SPD vorgeschlagenen linken Jura-Professorinnen Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold dagegen steht die Mehrheit. Neben der Union wollen auch Grüne und Linke die beiden Frauen wählen. Einzig die AfD lehnt die Kandidatinnen als „linke Aktivistinnen“ ab, die nicht die nötige Neutralität für das Richteramt in Karlsruhe mitbrächten.
Offenbar hat es für die Wahl der beiden im Vorfeld Gespräche zwischen der SPD, Grünen und Linken gegeben. Dagegen ist die Union bisher allerdings noch nicht bei der Linksfraktion vorstellig geworden, um für Spinner zu werben. Dieser war gar nicht der Kandidat der Union, sondern der des Bundesverfassungsgerichtes selbst.
Denn nachdem die Grünen den ursprünglichen CDU-Vorschlag, den Bundesverwaltungsrichter Robert Seegmüller, ablehnten, weil dieser 2017 meinte, Zurückweisungen an den Grenzen seien europarechtskonform, hat die Union keinen eigenen Kandidaten mehr ins Rennen geschickt. Vielmehr schloß sie sich dem Vorschlag aus Karlsruhe an.
Reichinnek will Ablauf diktieren
Reichinnek betonte nun, wie der Wahlgang abzulaufen habe: „Alle Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts sollten eine starke demokratische Mehrheit hinter sich haben. Das ist die Aufgabe der Fraktion, die einen Vorschlag macht – mit allen demokratischen Kräften zu reden. Das hat die Union bisher nicht geschafft.“ Bliebe das so, werde man Spinner ablehnen.
Der neue Verfassungsrichter, so das Kalkül, wäre von Anfang an beschädigt, weil er lediglich mit den Stimmen der AfD den Posten erhalten hätte. (fh)