BERLIN. Sein Vorgehen in der Corona-Zeit hat CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn erstmals verteidigt. Dabei ist ein Schaden für den Steuerzahler von mehreren Milliarden Euro entstanden – wahrscheinlich handelt es sich um die größte Geldvernichtung, die je ein Politiker in Deutschland zu verantworten hat.
In der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ sagte Spahn am Sonntagabend, das Problem vor fünf Jahren sei gewesen, daß die Beschaffungsämter des Bundes in den „Wild-West-Zeiten der Pandemie“ einfach keine Masken „rangeschafft“ hätten. In Absprache mit dem restlichen Kabinett habe er deshalb jenseits des herkömmlichen Wegs Corona-Masken besorgt.
Ohne Ausschreibung bestellte der damalige Gesundheitsminister Masken im Wert von 5,9 Milliarden Euro. Dabei erhöhte er den von seiner Abteilung empfohlenen Stückpreis von 2,50 bis 2,90 Euro eigenmächtig auf 4,50 Euro, wie die JF berichtete. Mit Mehrwertsteuer gab das Ministerium 5,36 Euro pro FFP2-Maske aus. Die meisten davon wurden anschließend verbrannt, weil sie Mängel aufwiesen oder nicht gebraucht wurden.
Spahn soll die Risiken gekannt haben
Der CDU-Politiker wird durch eine interne Untersuchung in seinem früheren Ministerium schwer belastet. Die Sonderermittlerin Margaretha Sudhoff legte einen 170seitigen Bericht vor, der das Versagen des heute 45jährigen dokumentiert. Allerdings sind daraus bisher nur Bruchstücke bekannt, weil sich die neue Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) weigert, das Dokument dem Bundestag vorzulegen – mutmaßlich, um Spahn zu schützen.
Spahn behauptete nun in der ARD, den Untersuchungsreport nicht zu kennen: „Für mich persönlich wäre es aktuell leichter, der Bericht wäre öffentlich.“ Zugleich sind daraus weitere Details bekanntgeworden. Laut einem Beitrag von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung wirft Sudhof Spahn bei der Beschaffung der Corona-Masken ein strukturelles Versagen vor. Demnach hätten bei der Maskenbeschaffung „fehlendes ökonomisches Verständnis“ und „politischer Ehrgeiz“ des damaligen Gesundheitsministers dazu geführt, daß nicht als „Team Staat“, sondern als „Team Ich“ gehandelt worden sei. Mit „Team Ich“ ist Spahn gemeint.
Trotz der besonderen Herausforderung der Pandemie könne man das, was in dessen Amtszeit schiefgelaufen sei, nicht einfach als „unglückliche Verkettung“ abtun. Schließlich seien die Risiken und hohen Schadens-Eintrittswahrscheinlichkeiten durchaus bekannt gewesen.
Spahn diskreditiert Sonderermittlerin
Ein weiterer schwerer Vorwurf gegen den damaligen Minister lautet, einen Logistikauftrag über 1,5 Milliarden Euro ohne Ausschreibung direkt an eine Spedition aus seiner münsterländischen Heimat vergeben zu haben. Damit überrumpelte er das eigentlich zuständige Innenministerium, das deutlich größere Unternehmen mit der Lagerung der Masken betrauen wollte. Die von Spahn ausgesuchte Firma war mit dem Auftrag völlig überfordert und konnte ihn nicht ausführen.
Spahn versucht derweil, die Sonderermittlerin Sudhoff im Gesundheitsministerium als „frühere Ampel-Staatssekretärin“ zu diskreditieren. Ihren Bericht bezeichnete er als „persönliche Bewertungen“. (fh)