Die „Republikaner“ sind Geschichte. Die Feststellung gilt, obwohl es nach wie vor eine Partei des Namens gibt, die Mitglieder und eine Struktur hat und an Wahlen teilnimmt. Aber der Unterschied zu der Phase ihrer Entwicklung zwischen der Gründung im Jahr 1983 und dem Austritt Rolf Schlierers 2004 ist so offenkundig, daß der erste Satz keine weitere Begründung benötigt.
Als historisches Phänomen können die Republikaner selbstverständlich auch Gegenstand wissenschaftlicher Erforschung sein, und die Arbeit des an der RWTH Aachen tätigen Historikers Moritz Fischer soll auf diesem Feld einen ersten Ansatz bieten. Tatsächlich liefert sein Buch – ursprünglich eine Dissertation – eine Darstellung auf breiter Quellenbasis, die sich im wesentlichen an der Chronologie der Ereignisse orientiert.
Dabei präsentiert Fischer die beiden „Gründerväter“ der Republikaner – Franz Handlos und Franz Schönhuber – auch ausführlicher biographisch, um den Vorlauf der Ereignisse, die zur Entstehung der neuen Partei führten, verständlicher zu machen. Handlos tritt als „Parteisoldat“ der CSU auf, der sich aus Enttäuschung über die Prinzipienlosigkeit der Christdemokraten (Stichwort: Ausbleiben der „geistig-moralischen Wende“) und der Christsozialen und insbesondere ihres Vorsitzenden Franz Josef Strauß (Stichwort: Milliardenkredit für die DDR) von seinen alten Loyalitäten lossagte.
Die Republikaner begannen als „Populisten“
Dagegen steht Schönhuber als „Aufsteiger“, der in den Nachkriegsjahrzehnten eine bemerkenswerte Karriere als Journalist durchläuft, es bis zum Stellvertretenden Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens bringt und über einen nicht zu unterschätzenden Bekanntheitsgrad verfügte. Bei Schönhuber, den man ursprünglich in SPD-Nähe verortet hatte, gaben die Reaktionen auf seinen Erinnerungsband „Ich war dabei“, der seinen Einsatz in der Waffen-SS thematisierte, den Ausschlag für den Bruch mit den Etablierten.
Folgt man Fischers Deutung, begannen die Republikaner als „Populisten“. Doch nach der Entmachtung von Handlos und der Wahl Schönhubers zum Vorsitzenden 1985 habe sich eine „Wende nach rechts“ vollzogen. Es folgte eine Reihe mehr oder weniger spektakulärer Wahlerfolge von der bayerischen Landtagswahl 1986 über die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 1989 und den Einzug ins Europaparlament in demselben Jahr.
Allerdings war damit ein Höhepunkt erreicht und überschritten, was Fischer vor allem auf das Scheitern der Republikaner im wiedervereinigten Deutschland zurückführt. Ein Vorgang, der irritieren mag, weil die Partei faktisch die einzige politische Kraft war, die glaubhaft an der Forderung nach einer Wiedervereinigung festgehalten hatte.
Nach der Wiedervereinigung folgte der Absturz
Aber schon das Betätigungsverbot auf dem Gebiet der noch existierenden DDR bedeutete ein Präjudiz, und die Inszenierung Helmut Kohls als „Kanzler der Einheit“ tat ein übriges. Faktisch konnten die Republikaner in der Folge nur noch auf kommunaler, selten auf regionaler – und niemals auf Bundesebene an frühere Erfolge anknüpfen, obwohl ihre zentralen Themen – Asylmißbrauch und Einwanderung – Schlüsselbedeutung in den politischen Debatten erlangten.
Immerhin konnte die Partei 1992 bei der Wahl in Baden-Württemberg noch mit einem zweistelligen Ergebnis (10,9 Prozent) glänzen, wo ihr 1996 das erste und einzige Mal der Wiedereinzug in einen Landtag gelang. Fischer beendet seine Untersuchung allerdings mit dem Jahr 1994 und dem Sturz Schönhubers als Bundesvorsitzender der Partei.
Man wird gegen die von Fischer vorgenommene Organisation des Stoffes wenig sagen können. Dasselbe gilt im Prinzip auch für die Gewichtung der Ereignisse und die Darstellung der Konfliktlinien.
Auf Zeitzeugeninterviews wurde verzichtet
Wenn der Eindruck trotzdem ambivalent bleibt, dann im wesentlichen aus zwei Gründen: Fischer operiert mit einem ahistorischen Begriff von „rechts“, „neurechts“, „rechtsradikal“, „rechtsextrem“. Seine einleitende Bemerkung, daß der Terminus „rechts“ durch „die Geschichte des Nationalsozialismus (…) negativ besetzt“ sei und die Weigerung, dem einen sachlichen Umgang entgegenzustellen, zeigt vielleicht nur einen Mangel an Souveränität im Umgang mit der Materie, aber dasselbe wird man nicht für die Entscheidung geltend machen können, den Begriff „Rassismus“ in „einer weiter gefaßten, alltagssprachlichen Verwendung“ zu nutzen, womit er dann ganz generell für „die Abwertung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder äußerer Merkmale“ steht.
Was hier deutlich wird, ist eine tendenziöse Haltung, die sich auch an vielen anderen Passagen des Buches feststellen läßt und die viel von der Blindheit des Verfassers gegenüber den sozialen wie psychologischen Konsequenzen der Ächtung erklärt, mit der die Republikaner nicht nur von der gern bemühten „Zivilgesellschaft“ überzogen wurden, sondern auch von den Vertretern des politisch-medialen Komplexes und den Behörden, insbesondere den Verfassungsschutzämtern, gegen die sich die Partei immer wieder mit juristischen Mitteln wehrte, in einigen Bundesländern sogar erfolgreich.
Zwecks adäquater Einschätzung hätte vielleicht der Kontakt zu noch lebenden Zeitzeugen hilfreich sein können, den Fischer aber offenbar bewußt vermieden hat. Ein Vorgehen, das alles andere als neu ist und auch als Indiz dafür gewertet werden kann, daß das, was als wissenschaftliche Beschäftigung mit der Rechten daherkommt, in aller Regel nur ein mit Fußnoten gerüsteter Beitrag zur antifaschistischen Erziehung der unmündigen Bürger ist.