ERFURT. Die Thüringer Regierungskoalition aus CDU, BSW und SPD hat am Mittwoch eine Gesetzesänderung ins Parlament eingebracht, mit deren Hilfe die Mitwirkung der AfD bei der Kontrolle des Landesverfassungsschutzes umgangen werden soll. Der Vorstoß betrifft die sogenannte G 10-Kommission, die Eingriffe ins Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10 Grundgesetz) überwacht, sowie die Parlamentarische Kontrollkommission, die den Verfassungsschutz kontrolliert.
Hintergrund ist ein Streit mit der AfD über die Wahl einer ganzen Reihe von Gremien. Dabei geht es neben den genannten Kommissionen auch um die Wahlausschüsse für Richter und Staatsanwälte sowie das Landtagspräsidium. Die anderen Fraktionen verweigern der AfD bislang die Wahl in die Verfassungsschutzgremien und haben auch die Vorschläge der AfD für das Landtagspräsidium durchfallen lassen. Die AfD wiederum hat die Kandidaten der anderen Parteien für den Richterwahlausschuß und den Ausschuß zur Wahl der Staatsanwälte nicht gewählt.
Zwei-Drittel-Mehrheit soll nicht mehr nötig sein
Der Gesetzesentwurf der Brombeer-Koalition sieht nun vor, daß zur Wahl der Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission künftig nur noch eine absolute Mehrheit notwendig sein soll. Bislang braucht es laut Thüringer Verfassungsschutzgesetz eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Die AfD verfügt seit der Landtagswahl über mehr als ein Drittel der Sitze und damit über eine Sperrminorität. „Die Änderung des Quorums stellt sicher, daß die Zusammensetzung der Kommission nicht durch Dauerblockade geschwächt werden kann“, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Mit Blick auf die G 10-Kommission plant die Brombeer-Koalition, daß künftig eine alte Kommission weiter im Amt bleiben kann, sofern sich der Landtag nicht auf die Zusammensetzung eines neuen Gremiums verständigt. Außerdem soll die Art der Besetzung der Kommission geändert werden. Bislang heißt es im Gesetz, daß die Kommission „im Verhältnis der Stärke der einzelnen Fraktionen“ besetzt werden muß. Nach dem Vorschlag der Brombeere soll es dagegen künftig heißen, die „parlamentarische Opposition“ müsse „im Verhältnis ihrer Stärke“ zu den Regierungsfraktionen in dem Gremium abgebildet werden.
Auch mit Blick auf die Ausschüße zur Wahl der Richter und Staatsanwälte preschte die Landesregierung am Mittwoch vor. Da hier ebenfalls eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist, kann die AfD die Wahl der Kandidaten anderer Fraktionen verhindern und hat dies auch getan. Justizministerin Beate Meißner (CDU) legte daher am Mittwoch ein Gutachten des Staatsrechtlers Michael Brenner zu der Angelegenheit vor. Darin kommt Brenner zu dem Ergebnis, daß die alten Wahlausschüsse derzeit einfach weiterarbeiten können, sofern weiterhin keine neuen gewählt werden.
AfD: Brombeer-Koalition eskaliert den Konflikt
Der Sprecher der Thüringer AfD-Fraktion für Verfassungsschutzangelegenheiten, Stefan Möller, sprach am Mittwoch im Landtag von „repressiven autoritären Gesetzesentwürfen“. Er warf der Regierung vor, die Geheimdienstkontrolle „den letzten Landtagswahlergebnissen“ anzupassen. „Die Neuregelung schafft die Gelegenheit, die Kontrollbefugnisse auf Minderheitskoalition und privilegierte Opposition zu beschränken, deren Mitwirkung zur Erreichung parlamentarischer Mehrheiten vereinbart ist.“
Mit Blick auf das Gutachten der Justizministerin kritisierte er, die Brombeer-Koalition eskaliere den Konflikt „ohne Not“. Die Partei verlangt eine Einigung auf eine umfassende Paketlösung zur Besetzung der verschiedenen Posten. Dagegen warf die CDU ihrerseits der AfD eine „Blockadehaltung“ bei der Besetzung der Wahlausschüsse für Richter und Staatsanwälte vor. „Die AfD hatte bisher erkennbar kein Interesse daran, daß unser Justizsystem funktioniert.“ (ser)