BERLIN. Russische Männer, denen in ihrem Heimatland der Militärdienst und dementsprechend eine Einziehung in den Ukraine-Krieg droht, haben das Recht, Schutz in Deutschland zu suchen. Sie dürfen sich demnach im Land aufhalten, wie die 33. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin am Freitag entschied.
Als Soldaten im russischen Militär hätten Wehrpflichtige damit zu rechnen, „zwangsweise an völkerrechts- und/oder menschenrechtswidrigen Handlungen teilnehmen zu müssen beziehungsweise selbst schwersten Schaden an Leib und Leben zu erleiden“, heißt es in der Urteilsbegründung. „Auch bei einer Stationierung als Grundwehrdienstleistende im russisch-ukrainischen Grenzgebiet“ drohten „mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung“.
Zwei russische Staatsbürger hatten seit Kriegsausbruch subsidiären Schutz beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beantragt. Ihre Argumentation: Da sie bislang keinen Wehrdienst in der russischen Armee geleistet hatten, drohe ihnen ein Einsatz im Ukraine-Krieg. Die Behörde zeigte sich wenig überzeugt und lehnte die Anträge ab. Die Männer klagten daraufhin.
Widerspruch zu vorherigem Schutz-Urteil
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zudem widerspricht es einem vorangegangenen Urteil.
Im August hatte der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin einem russischen Staatsangehörigen „tschetschenischer Volkszugehörigkeit“, der befürchtete, in den Ukraine-Krieg eingezogen zu werden, keinen Schutz anerkannt, wie das juristische Fachmagazin Legal Tribune Online berichtete.
Demnach drohe dem Mann kein ernsthafter Schaden. Es sei aufgrund seiner tschetschenischen Volkszugehörigkeit nicht wahrscheinlich, daß der Mann „nach einer Einberufung zum Grundwehrdienst zu Kampfhandlungen in der Ukraine eingesetzt“ werde, urteilte das Gericht – da Tschetschenen per Quote in den Wehrdienst einberufen würden und dieser Dienst „eher als Auszeichnung für Günstlinge des Regimes zu begreifen“ sei, „zu denen der Kläger nicht gehören dürfte“. (lb)