DRESDEN. Der sächsische Verfassungsschutz betreibt aktuell „im dreistelligen Bereich“ Fake-Accounts auf sozialen Medien. Diese Zahl gab der Innenminister des Freistaates, Armin Schuster (CDU), auf eine Anfrage der AfD-Fraktion im sächsischen Landtag bekannt. Detailliertere Informationen, etwa zu den genutzten Plattformen oder der Anzahl der beteiligten Beamten, verweigerte Schuster mit Verweis auf den Schutz des „Einsatzerfolgs“.
Carsten Hütter, sicherheitspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, äußerte deutliche Kritik an diesem Vorgehen: „Das Betreiben von Fake-Profilen im Internet durch den Verfassungsschutz ist mehr als heikel. Der intransparente Umgang unseres Innenministers damit ebenso. Getarnt als falscher Freund Andersdenkende auszuspionieren, widerspricht den Grundsätzen einer freiheitlichen Demokratie.“ Hütter betonte, daß der Einsatz solcher Methoden höchstens in Ausnahmefällen, etwa zur Aufdeckung militanter Strukturen, gerechtfertigt sei. Er warnte jedoch davor, daß die Praxis des Verfassungsschutzes an „dunkle Zeiten“ erinnere, in denen staatliche Überwachung das Privatleben der Bürger durchdrang.
Gefahr der Radikalisierung
Besonders kritisch sieht der AfD-Politiker die Möglichkeit, daß durch die Interaktionen mit diesen Fake-Profilen eine ungewollte Radikalisierung bei Zielpersonen begünstigt werden könnte. Zudem sei fraglich, wie das Landesamt für Verfassungsschutz die mutmaßlich umfangreichen Datenmengen aus Hunderten Profilen überhaupt verarbeiten wolle: „Wie will der Verfassungsschutz die Vielzahl an Chats, die er mit geschätzten 300 Fake-Accounts ausspäht, umfassend überwachen und analysieren? Hier drängt sich der Verdacht auf, daß diese Überwachungsmaßnahmen längst außer Kontrolle geraten sind.“
Debatte über Verfassungsschutz gefordert
Die AfD-Fraktion fordert nun eine breitere politische Debatte über die Methoden des Verfassungsschutzes und die Grenzen staatlicher Überwachung. Hütter mahnt, daß sich eine Demokratie ihre freiheitlichen Grundsätze nicht durch intransparente Geheimdienstaktivitäten untergraben lassen dürfe. Ob die CDU-geführte Landesregierung bereit ist, die offenen Fragen zu klären, bleibt jedoch abzuwarten. Bis dahin dürften die Zweifel und die Kritik an den Praktiken des sächsischen Verfassungsschutzes nicht verstummen.
Bereits im Jahr 2022 berichtete die JF, daß der Verfassungsschutz preisgegeben hatte, Hunderte als rechtsextrem eingestufte Fake-Accounts in den sozialen Medien selbst zu betreiben. „Das ist die Zukunft der Informationsbeschaffung“, sagte ein ungenannter Leiter eines entsprechenden Landesamtes damals.
Brisant: Die Agenten, die mit Steuergeldern bezahlt werden, dürfen mitunter auch Straftaten wie „Volksverhetzungen“ begehen. In der aktuellen Anfragebeantwortung aus Sachsen heißt es dazu allerdings, bei der Nutzung von „Fake Accounts“ durch das LfV Sachsen würden die strafrechtlichen Bestimmungen beachtet. „Zudem ergibt sich eine (externe) Grenze aus den sogenannten sozialen Verhaltensregeln auf den Social-Media-Plattformen, die extremistische Äußerungen im Regelfall nicht zulassen und im Falle der Zuwiderhandlung das betreffende Konto unverzüglich vorübergehend oder dauernd sperren.“ Der Staatsregierung seien weder Anzeigen im Sinne der Fragestellung bei Strafverfolgungsbehörden noch extremistische Äußerungen, die von Mitarbeitenden über die „Fake Accounts“ getätigt wurden, bekannt. (rr)